Pakistan – der wilde Norden – Chitral –

Teil 4 –

Pakistan zeigte sich weiter von seiner spektakulärsten Seite. Die Abfahrt vom Shandur Pass bot großartige Ausblicke und höchst wechselhafte Pistenverhältnisse. Wir waren darauf vorbereitet. Im klimatiserten Jeep gabs lediglich ein bisschen Geschüttel, auf den Motorrädern wurden die Jungs bei jeder Straßenbaumaßnahme wieder „frisch eingepudert“. Absolut bewundernswert, dass sie sich jeden Abend gewaschen haben und morgens, wie aus dem Ei gepellt, wieder auf ihre Eierspeisen warteten.

Von links: Ottmar, Andreas und Mark

Ich glaube ich hätte das Duschen irgendwann eingestellt, wegen der völlig fehlenden Langzeitwirkung. Quartier bezogen wir im „eleganten“ Best Western Booni.

Außen hui, innen…

Ich möchte hier anmerken, dass die meisten Hotels auf unserer Tour (Shimshal war da eine Ausnahme) von jungen Männercrews geführt wurden. In einem vom Islam geprägten Land kein Wunder. Kein Wunder war da auch, dass Nachttischlampen für die Hoteleröffnung zwar angeschafft wurden, sich deren Sinn, Zweck und praktischer Nutzen den Bediensteten aber nie erschlossen hat.

Irgendwann vor langer Zeit muss die mal funktioniert haben

Chitral

Am nächsten Tag fuhren wir zunächst zu einer kleinen „Spielwiese“ für unsere Mopedfahrer. Auf einem Hochplateau konnten die Jungs ihr Können im freien Gelände zeigen/testen/genießen.

Oberhalb von Booni

Anschließend wartete Chitral auf uns. Eine richtige Stadt mit Bazar und Schuhputzern. Nicht nur Duschen kann glücklich machen, blank gewienerte Schuhe auch.

Schöne Schuhe von Andreas (man beachte, dass dem Kunden während des Putzvorgangs Ersatzlatschen bereitgestellt werden)

Land der Kalasha

Ein letztes Highlight der Reise sollte am nächsten Tag folgen, der Besuch der Dörfer der Kalasha. Sie sind das letzte noch existierende Volk, das von den Kafirs (aus Kafiristan, heute Nuristan), den Ungläubigen, abstammt. Die Kalasha haben mit ziemlicher Sicherheit schon lange vor der Ankunft Alexander des Großen in dieser Region gelebt. Dass sie die Nachfahren von ihm sein sollen, ist eine nette Mär, nicht mehr und nicht weniger.

Junge Kalasha-Frau mit Mädchen in Bumburet

Es geht den noch verbliebenen circa 3000 Kalasha heute vor allem  darum, in einer komplizierten politischen Situation ihre kulturelle Eigenständigkeit zu behaupten. Dass die Kalasha zum Beispiel Wein anbauen und auch trinken, gefällt den orthodoxen Muslimen in ihrer Nachbarschaft überhaupt nicht (obwohl sie ihn heimlich auch sehr gerne süffeln).

Zunächst fuhren wir nur etwa 1 Stunde in südlicher Richtung bis ins Ayun Fort Inn, das auf einem Felssockel über dem Tal thront und uns mal so richtig ins Staunen versetzte. Was für ein Garten, was für ein Idyll, was für ein Komfort.

Der Garten unseres kleinen Hotels

Wir tranken Tee, ließen unser Gepäck zurück und starteten zu unserem Abstecher in die Täler der Kalasha. Ganz schnell landeten wir wieder da, wo wir uns eigentlich „am wohlsten fühlten“: auf schmalster Piste im Staub und Dreck.

Die Straße nach Bumburet,

ins größte Dorf der Kalasha, nervte in allen Belangen. Sie war holprig, eng und von Baustellen übersät. Eine kalte Cola in Bumburet tat der Stimmung gut. Aber unser Entschluss stand fest: wir wollten uns Bumburet anschauen, aber die beiden anderen Kalasha Dörfer Rambur und Birir strichen wir aus unserem Besuchsprogramm. Aus Zeitgründen und auch aufgrund der Tatsache, dass die Kalasha heute ein Leben wie ihre islamischen Nachbarn führen und ihre alten Kulturformen nur noch im schönen örtlichen Museum zu bestaunen sind.

Gruppenbild vor dem Museum

Die Rumpelpiste raubte unseren Zweiradfahrern auf dem Rückweg doch ziemlich den Nerv. Unsere Herberge in Ayun versöhnte sie anschließend schnell. Zudem zeigte sich endlich auch der Tirch Mir in seiner ganzen Größe. Der 7700 große Felsklotz gilt mit seinen über 7700 Metern Höhe als höchster Hindukusch-Berg.

Tirich Mir in seiner ganzen Schönheit

Finale

Am nächsten Morgen ging es wie immer pünktlich los. An diesem Tag besonders wichtig, weil uns eine Sicherheitseskorte durch den Lowari Tunnel bringen sollte. Die hatte Yousaf in weiser Voraussicht wegen der Blockabfertigung am Tunnel pünktlich für 10 Uhr bestellt. Seit 2017 sorgen zwei Tunnelröhren mit gesamt über 10 Kilometern Länge dafür, dass die gesamte Chitral Region auch im Winter erreichbar ist und die Fahrt in die großen Städte Peshawar und Islamabad sich um viele Stunden verkürzt hat. Der einzige Zugang verlief vorher über den gut 3000 Meter hohen Lowari Pass. Der war im Sommer schwer und im Winter wegen oft viel zu viel Schnee gar nicht zu befahren. Wir waren pünktlich, unsere Eskorte auch, und so passierten wir ohne jede Verzögerung das Nadelöhr Lowari. Damit tauchten wir wieder ein in das dichtbesiedelte Hügelland zu Füßen des Hindukusch.

Nichts geht über eine gute Ladetechnik

Die Straßen wurden voll und die Temperaturen sommerlich.

Am Wegesrand: ein Meister im Gurken und Zwiebeln schneiden

Da die afghanische Grenze nah war, die Taliban sich mit der pakistanischen Armee weiter im Süden Scharmützel lieferten und unsere Route durch altes und traditionell unsicheres Stammesgebiet führte, wurden wir weiter von freundlichen Polizisten eskortiert.

Unser Führungsfahrzeug

In Mingora,

der mit über 300.000 Einwohnern größten Stadt des Swat-Distrikts, erlebten wir, wie rasant sich pakistanische Mittelzentren entwickeln, wenn sie in einer fruchtbaren Region liegen, und Handel und Gewerbe florieren. Am Morgen ein Schwätzchen mit unseren Beschützern,

Benito und Meik mit unseren schwer bewaffneten Wachmännern

und dann ging es auf unsere letzte Etappe nach Rawalpindi. Wir trafen wieder auf unseren „Freund“, den Indus River, der sich vor uns mit dem Kabul River vereinte und fuhren ein kurzes Stück auf der legendären Grand Trunk Road. Auf der war ich schon vor exakt 50 Jahren, von Kabul über den Khyber Pass kommend, auf meinem Überlandweg nach Kathmandu unterwegs gewesen. Und dann ging plötzlich alles ganz schnell: eine Autobahn ohne jede Baustelle,

Bequeme letzte Etappe

die Einfahrt nach Rawalpindi, unser bekanntes Pearl Continental Hotel und  ein emotionaler Abschied von unserer großartigen Begleitmannschaft. Wir alle haben die Tour in vollen Zügen genossen. Für mich war und ist Pakistan ein unfassbar spannendes Reiseland mit wunderbaren Menschen. Ich sollte wiederkommen.

Das war unsere Route: ca. 2700 Kilometer

Interne Links zu:

Pakistan 1

Pakistan – der wilde Norden – Nanga Parbat –

Pakistan 2

Pakistan – der wilde Norden – Skardu –

Pakistan 3

Pakistan – der wilde Norden – Hunzatal –

Link zu unserem Veranstalter Yousaf:

https://www.pakistan-bikers.com

Ich - Mikka Ich war schon immer eher Läufer und nicht Rädchen-Fahrer. Wir wohnten am Hang, ein unbefestigter Feldweg führte zu unserem Haus. Wir haben unsere Räder immer mehr geschoben als gefahren. Später verdiente ich mein Geld als Bademeister und Fensterputzer, da war ich auch viel zu Fuß unterwegs, ja und dann habe ich mit dem Marathon laufen angefangen. Und mit dem Bergwandern, ich war auch Reiseleiter im Himalaya. Als das Heruntergehen meinen Knien nicht mehr gefiel, hab ich das Paragleiten gelernt. Soviel zu meiner Sportkarriere. Beruflich lief es auch nicht so glatt. Als Junge wollte ich die Wetterstation auf der Zugspitze übernehmen. Es hat dann nur zum Wetterfrosch ohne Ausbildung gereicht. Lehrer konnte ich auch nicht werden, da hatte ich zwar eine Ausbildung, aber das Land NRW keine Jobs. Also wurde ich eben Reiseleiter, Reisereferent, Reiseverkäufer, Reiseredakteur und Reisejournalist. Ich bin ein bisschen herumgekommen. Habe Reisefilme gedreht, Reiseartikel und zwei Reisebücher geschrieben. Ich habe vor und hinter der Kamera gestanden, den Mount Everest fast bestiegen und die Sahara quasi durchquert. Ich bin viele Berge hochgelaufen und heruntergeflogen und ich bin seit 65 Jahren Gladbach Fan. Ich wurde in Mönchengladbach geboren.

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