Bewegung tut gut, das wissen wir alle. Nun bin ich persönlich da ein wenig eingeschränkt. Ich könnte zum Tanztee gehen, kann aber nicht tanzen. Auch die Muckibude wäre eine Option, aber wo keine Muckis, kommen in meinem Alter auch keine mehr hin. Golfen – sehr beliebt bei Meinesgleichen – aber auch da tue ich mich schwer. Nach der Platzreife erlosch meine Motivation. Der Ball zu klein, oder das Loch, oder der Platz, schließlich bin ich Läufer, keine Ahnung! Auch mit Tauchen habe ich es versucht, aber in der Tiefsee verliere ich die Orientierung. Und Fische generell sehe ich gerne beim Sushi, ansonsten wenig Fisch-Interesse.
Klar, es ist nicht so, dass ich der ultimative Bewegungsmuffel wäre. Aber nach meinen herrlichen Wandertagen im Februar an der Algarve stand ich wenige Tage später bei plus 12 Grad auf den Resten einer Loipe im Salzburger Land und dachte mir: wie jetzt den Körper bewegen. Die Wege verschlammt und die Loipen abgesoffen. Letzte Rettung Ski fahren? Im Talbereich sahen auch die Pisten ziemlich traurig aus, aber weiter oben?! Nun hatte ich mir geschworen, das Gondeln und Liften nicht mehr weiter zu betreiben. Mit behelmten Pistensäuen um die Wette in die Tiefe brettern um anschließend in Corona verseuchten Skikabinen wieder in die Höhe katapultiert zu werden, nein danke. Ich habe mit 220 cm langen Head-Ski diese Sportart gelernt, (die Latten von Wellinger und Co. sind kaum länger). Da war Skifahren noch eine Kunst. Nein, ich hatte eine viel bessere Idee. Ich wollte Skitourengeher werden. Mit Skiern in die Höhe wandern und am Ende des Tages eine lässige Abfahrt absolvieren. So wie früher eben schon im Rheinland, vor dem Klimawandel.
Ich wohnte in Salzburg, hatte also kein Problem bei der nötigen Materialbeschaffung in einem gut sortierten Sportgeschäft.
Tour 1
Und dann stand ich am Fuß des Bischlings, oberhalb von Werfenweng im Salzburger Land. Der Schnee war Matsche, aber ich war top motiviert. Die Felle unter die Ski, Skistöcke auf die richtige Länge eingestellt, Rucksack mit Wechselklamotten auf den Rücken, mit den Schuhen etwas mühsam in die filigrane Fritschi Bindung einfädeln und dann spurtete ich los. Auf der Direttissima 900 Höhenmeter Richtung Gipfel. Für mich als passionierten Bergwanderer und Läufer natürlich eine leichte Übung, hatte ich gedacht. Was hatte ich mich da verdacht, vertan, verkalkuliert. Nach etwa einer Minute ging mir die Matsche und der Bruchharsch unter meinen Skiern auf den Keks, nach zwei Minuten fand ich das Gelände einfach zu steil, nach drei Minuten begann Schweiß in meine Augen zu laufen und nach vier Minuten war mein Puls bei 160.
Ich musste eine erste Pause einlegen, ich glaube ich habe bis zum Gipfel noch 290 weitere Pausen eingelegt. Im unteren Drittel der Strecke kam so ein einheimischer Wunderwuzzi auf Tourenski an mir vorbeigestürmt und im letzten Drittel der Strecke ein zweites Mal. Da war ich kurz davor ihm meinen Skistock zwischen die Beine zu häkeln. Irgendwann nach fast drei Stunden stand ich auf dem Gipfel. Von Gipfelglück nicht die Spur, dafür umso mehr Spuren unbändiger Schlappheit.
Ich habe mich dann zusammengerissen, die Felle abgenommen, die Bindung auf Abfahrt eingestellt und selbige in Angriff genommen. Das hat geklappt. Am nächsten Tag habe ich kürzer getreten, ich wollte den Spaß an meinem neuen Sport ja nicht sofort in die Tonne treten. Also nur kleine Tour am Rossfeld oberhalb von Berchtesgaden.
Tour 3
Nach einem Ortswechsel ins Osttiroler Defereggen-Tal war ich dann wieder für den Kampf am Berg bereit. Tausend Höhenmeter bin ich am Rande einer Piste hinaufgelaufen. Skifahrer flogen, von oben kommend, an mir vorbei. Manche grüßten sogar, mitleidig vielleicht. Ich konnte es nicht genau sehen, weil mein Blick vor lauter Erschöpfung und Schweiß und Schnee in den Augen getrübt war.
Nach 3 Stunden und zwei Radler auf der Skihütte ging mir nur zwei Fragen durch den Kopf. Wo war meine ganze Kondition geblieben und welche jämmerliche Skitourengeher-Figur würde ich abgeben, wenn am nächsten Tag Schwester Roni und Schwager Alex mich mit auf Tour nehmen würden. Die befanden sich in der Anreise und sind seit 25 Jahren passionierte Skitourengeher-Wunderwuzzis.
Tour 4
Der nächste Tag erstrahlte in der Morgensonne. Am Stallersattel auf knapp zweitausend Höhenmeter – an der Grenze zu Italien – legten wir die Felle an und dann los. Alex spurte, Roni ihm nach und ich Roni nach.
Was für eine Landschaft, was für ein Schnee, was für eine Aussicht. Und: von echter Erschöpfung wenig zu spüren. Hatte sich mein Körper schon an die neuen Herausforderungen gewöhnt, wollte ich vor den beiden nicht die Memme markieren, oder was sorgte für meinen verbesserten Allgemeinzustand im sonnenüberfluteten Tourenskigebiet an der Roten Wand. Mir war es völlig egal. Hauptsache: es war wie es war.
Nach gut vier Stunden standen wir beglückt wieder unten am Stallersattel und fuhren in Richtung Radler und Apfelstrudel.
Tour 5
Da der nächste Tag zumindest bis Mittag gutes Wetter versprach, planten wir eine entspannte Tour ins Skigebiet Brunnalm oberhalb von St. Jakob im Defereggen-Tal. Wir wollen zur abseits gelegenen Brugger Alm aufsteigen und weiter oberhalb zur Piste queren um darüber ins Tal abzufahren. Der Plan ging auf, wir waren bestens in Form. Roni beeindruckte durch harmonisch, gleichmäßiges Aufsteigen, Alex spurte voran und passte sich brav unserem Tempo an und ich schob die Latten auch ganz ordentlich vor mich her.
Leider entwickelte sich das Tal hinter der Alm zu einem never ending valley, leider kam der Schneefall schneller als erwartet, leider mussten wir eine steile Rampe hinauf, leider wurde die Sicht miserabel und leider mussten wir viel höher aufsteigen als vermutet. Wir kämpften mit dem Gelände, von weiteren Tourengehern weit und breit keine Spur. Erst nach 1100 Höhenmetern und insgesamt fünf Stunden Aufstieg landeten wir erleichtert, aber doch sehr ermattet im dichten Schneegestöber in der anvisierten Skihütte. Da hatte der Koch gerade den Herd abgestellt und Feierabend gemacht, also musste wieder das Radler her. Die anschließende Abfahrt war ein wahrer Genuss. Ein kleines Wolkenloch gewährte eine vernünftige Sicht und am Ende des Tages hörten wir mit Freude, dass starker Schneefall für den kommenden Tag vorausgesagt wurde.
Fazit
Zeit für mich diesen Beitrag zu schreiben und intensiv darüber nachzudenken, ob ich für mich einen neuen Sport als Skitourengeher entdeckt habe oder nicht. Ich denke noch, aber ich weiß ziemlich sicher, was dabei herauskommen wird.
Hier der Link für St. Jakob – wer auch mal Lust hat auf Winter in St. Jakob
Bewegung tut gut, das wissen wir alle. Nun bin ich persönlich da ein wenig eingeschränkt. Ich könnte zum Tanztee gehen, kann aber nicht tanzen. Auch die Muckibude wäre eine Option, aber wo keine Muckis, kommen in meinem Alter auch keine mehr hin. Golfen – sehr beliebt bei Meinesgleichen – aber auch da tue ich mich schwer. Nach der Platzreife erlosch meine Motivation. Der Ball zu klein, oder das Loch, oder der Platz, schließlich bin ich Läufer, keine Ahnung! Auch mit Tauchen habe ich es versucht, aber in der Tiefsee verliere ich die Orientierung. Und Fische generell sehe ich gerne beim Sushi, ansonsten wenig Fisch-Interesse.
Klar, es ist nicht so, dass ich der ultimative Bewegungsmuffel wäre. Aber nach meinen herrlichen Wandertagen im Februar an der Algarve stand ich wenige Tage später bei plus 12 Grad auf den Resten einer Loipe im Salzburger Land und dachte mir: wie jetzt den Körper bewegen. Die Wege verschlammt und die Loipen abgesoffen. Letzte Rettung Ski fahren? Im Talbereich sahen auch die Pisten ziemlich traurig aus, aber weiter oben?! Nun hatte ich mir geschworen, das Gondeln und Liften nicht mehr weiter zu betreiben. Mit behelmten Pistensäuen um die Wette in die Tiefe brettern um anschließend in Corona verseuchten Skikabinen wieder in die Höhe katapultiert zu werden, nein danke. Ich habe mit 220 cm langen Head-Ski diese Sportart gelernt, (die Latten von Wellinger und Co. sind kaum länger). Da war Skifahren noch eine Kunst. Nein, ich hatte eine viel bessere Idee. Ich wollte Skitourengeher werden. Mit Skiern in die Höhe wandern und am Ende des Tages eine lässige Abfahrt absolvieren. So wie früher eben schon im Rheinland, vor dem Klimawandel.
Ich wohnte in Salzburg, hatte also kein Problem bei der nötigen Materialbeschaffung in einem gut sortierten Sportgeschäft.
Tour 1
Und dann stand ich am Fuß des Bischlings, oberhalb von Werfenweng im Salzburger Land. Der Schnee war Matsche, aber ich war top motiviert. Die Felle unter die Ski, Skistöcke auf die richtige Länge eingestellt, Rucksack mit Wechselklamotten auf den Rücken, mit den Schuhen etwas mühsam in die filigrane Fritschi Bindung einfädeln und dann spurtete ich los. Auf der Direttissima 900 Höhenmeter Richtung Gipfel. Für mich als passionierten Bergwanderer und Läufer natürlich eine leichte Übung, hatte ich gedacht. Was hatte ich mich da verdacht, vertan, verkalkuliert. Nach etwa einer Minute ging mir die Matsche und der Bruchharsch unter meinen Skiern auf den Keks, nach zwei Minuten fand ich das Gelände einfach zu steil, nach drei Minuten begann Schweiß in meine Augen zu laufen und nach vier Minuten war mein Puls bei 160.
Ich musste eine erste Pause einlegen, ich glaube ich habe bis zum Gipfel noch 290 weitere Pausen eingelegt. Im unteren Drittel der Strecke kam so ein einheimischer Wunderwuzzi auf Tourenski an mir vorbeigestürmt und im letzten Drittel der Strecke ein zweites Mal. Da war ich kurz davor ihm meinen Skistock zwischen die Beine zu häkeln. Irgendwann nach fast drei Stunden stand ich auf dem Gipfel. Von Gipfelglück nicht die Spur, dafür umso mehr Spuren unbändiger Schlappheit.
Ich habe mich dann zusammengerissen, die Felle abgenommen, die Bindung auf Abfahrt eingestellt und selbige in Angriff genommen. Das hat geklappt. Am nächsten Tag habe ich kürzer getreten, ich wollte den Spaß an meinem neuen Sport ja nicht sofort in die Tonne treten. Also nur kleine Tour am Rossfeld oberhalb von Berchtesgaden.
Tour 3
Nach einem Ortswechsel ins Osttiroler Defereggen-Tal war ich dann wieder für den Kampf am Berg bereit. Tausend Höhenmeter bin ich am Rande einer Piste hinaufgelaufen. Skifahrer flogen, von oben kommend, an mir vorbei. Manche grüßten sogar, mitleidig vielleicht. Ich konnte es nicht genau sehen, weil mein Blick vor lauter Erschöpfung und Schweiß und Schnee in den Augen getrübt war.
Nach 3 Stunden und zwei Radler auf der Skihütte ging mir nur zwei Fragen durch den Kopf. Wo war meine ganze Kondition geblieben und welche jämmerliche Skitourengeher-Figur würde ich abgeben, wenn am nächsten Tag Schwester Roni und Schwager Alex mich mit auf Tour nehmen würden. Die befanden sich in der Anreise und sind seit 25 Jahren passionierte Skitourengeher-Wunderwuzzis.
Tour 4
Der nächste Tag erstrahlte in der Morgensonne. Am Stallersattel auf knapp zweitausend Höhenmeter – an der Grenze zu Italien – legten wir die Felle an und dann los. Alex spurte, Roni ihm nach und ich Roni nach.
Was für eine Landschaft, was für ein Schnee, was für eine Aussicht. Und: von echter Erschöpfung wenig zu spüren. Hatte sich mein Körper schon an die neuen Herausforderungen gewöhnt, wollte ich vor den beiden nicht die Memme markieren, oder was sorgte für meinen verbesserten Allgemeinzustand im sonnenüberfluteten Tourenskigebiet an der Roten Wand. Mir war es völlig egal. Hauptsache: es war wie es war.
Nach gut vier Stunden standen wir beglückt wieder unten am Stallersattel und fuhren in Richtung Radler und Apfelstrudel.
Tour 5
Da der nächste Tag zumindest bis Mittag gutes Wetter versprach, planten wir eine entspannte Tour ins Skigebiet Brunnalm oberhalb von St. Jakob im Defereggen-Tal. Wir wollen zur abseits gelegenen Brugger Alm aufsteigen und weiter oberhalb zur Piste queren um darüber ins Tal abzufahren. Der Plan ging auf, wir waren bestens in Form. Roni beeindruckte durch harmonisch, gleichmäßiges Aufsteigen, Alex spurte voran und passte sich brav unserem Tempo an und ich schob die Latten auch ganz ordentlich vor mich her.
Leider entwickelte sich das Tal hinter der Alm zu einem never ending valley, leider kam der Schneefall schneller als erwartet, leider mussten wir eine steile Rampe hinauf, leider wurde die Sicht miserabel und leider mussten wir viel höher aufsteigen als vermutet. Wir kämpften mit dem Gelände, von weiteren Tourengehern weit und breit keine Spur. Erst nach 1100 Höhenmetern und insgesamt fünf Stunden Aufstieg landeten wir erleichtert, aber doch sehr ermattet im dichten Schneegestöber in der anvisierten Skihütte. Da hatte der Koch gerade den Herd abgestellt und Feierabend gemacht, also musste wieder das Radler her. Die anschließende Abfahrt war ein wahrer Genuss. Ein kleines Wolkenloch gewährte eine vernünftige Sicht und am Ende des Tages hörten wir mit Freude, dass starker Schneefall für den kommenden Tag vorausgesagt wurde.
Fazit
Zeit für mich diesen Beitrag zu schreiben und intensiv darüber nachzudenken, ob ich für mich einen neuen Sport als Skitourengeher entdeckt habe oder nicht. Ich denke noch, aber ich weiß ziemlich sicher, was dabei herauskommen wird.
Hier der Link für St. Jakob – wer auch mal Lust hat auf Winter in St. Jakob
https://www.stjakob-ski.at/de/
Und der Link zu meiner letzten Wandergeschichte an der Algarve
Fischerpfad / Portugal
Comments (2)
Ohne Fleiß kein Preis, oder wie war das🤔sehr schön!
Ohne Fleiß kein Preis, oder wie war das🤔