Am 14.Juli 2021 machte die Ahr aus ihrem Tal eine riesige Wasser/Schlamm/Geröll/Müll-Wüste. Weit über 100 Menschen überlebten die Katastrophe nicht.
10 Monate sind seitdem vergangen und ich habe mich nach Wochen wieder einmal bei AhrHelp für einen Arbeitseinsatz gemeldet.
Per WhatsApp bekomme ich am Vorabend des 10. Mai um 23.18 Uhr die Ansage:
Hallo Michael, für Euch geht es morgen nach Schuld, auf die Martinstr. 4 zu Hans Peter Diel zum Estrich stemmen, Beginn 9.30 Uhr – Liebe Grüße Bella
Das kleine Dorf Schuld hatte es beim Ahr-Hochwasser schlimm erwischt.
Das Unterdorf liegt an einer Ahrschleife, entsprechend wurde dieser Dorfteil von drei Seiten überschwemmt und zerstört. 50 Menschen hatten die ganze Nacht auf ihren Hausdächern ausgeharrt, 5 Dorfbewohner haben das Unglück mit dem Leben bezahlt.
Ich bin pünktlich in Schuld und muss die Martinstraße suchen. Trockene, staubige Lehmflächen und Häuser in unterschiedlichstem Renovierungszustand prägen das Bild auch 10 Monate nach der Katastrophe.
Ich finde meinen Arbeitsplatz, aber kein Hans Peter weit und breit. Dafür ein Igor. Er arbeitet seit Monaten für „den Chef“ und ruft ihn auf seiner Arbeitsstelle an. Hans Peter hatte um Hilfe gebeten, wohl aber nicht an diesem Dienstag. Egal, er erklärt mir am Telefon, was zu tun ist. Innerhalb der nächsten 30 Minuten kommen die restlichen Helfer, Norbert aus Bonn, Udo I aus Bingen und Udo II aus Aschaffenburg. Udo I hat schon weit mehr als 100 Arbeitstage an der Ahr auf dem Buckel. Er bringt das nötige schwere Gerät (Bohrhammer) an den Start. Einen Radlader steuert Igor bei.
Wir geben Gas
Mit Norbert packe ich hunderte Pflastersteine aus einer halb zerstörten Gartenterrasse in die Schaufel des Radladers. Norbert kann ihn fahren. Er ist von Beruf Lehrer und nutzt seine freien Dienstage und Samstage für den Einsatz an der Ahr, alle Hochachtung! Nach knapp zwei Stunden sind wir fertig und helfen den beiden Udos.
Es wird staubig, stickig und heiß, zumal draußen die Temperatur auf knapp 30 Grad klettert. Am Himmel erscheinen die ersten dicken Cumulus Wolken und ich denke. Als Ahrbewohner hätte ich jetzt schon wieder die Panik in den Augen. Denn die Starkregenzeit steht unmittelbar bevor.
Nach dem Estrich
kommt noch eine dicke Betonplatte unter den Hammer, gegen 15.30 Uhr haben wir den Job erledigt. Udo I ruft Bella von AhrHelp an, meldet Vollzug und bekommt prompt noch eine neue Baustelle in Bad Neuenahr zugewiesen. Ich streiche die Segel.
Bevor ich durchs mittlere Ahrtal nach Hause fahre, laufe ich noch kurz durch die „Reste des Dorfes“. An einigen Stellen wird gewerkelt. Radlader und Bulldozer bewegen gewaltige Erd- und Geröllmassen. Im Dorf herrscht eher Ruhe. Auch wenn Neues entsteht, kann das frische Frühlingsgrün nur an wenigen Stellen darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin irrsinnig viel Arbeit vor den Menschen im Tal liegt. Und dass Vieles noch wirklich desaströs aussieht. Auch, weil größere, nicht private, Wiederaufbaumaßnahmen nicht zu sehen sind.
Besonders in Regionen wie hier in Schuld, in denen der Weinanbau und der damit verbundene Tourismus fast keine Rolle spielen, stimmen die aktuellen Bilder nicht hoffnungsvoll.
Im Anschluss an eine ausgiebige Dusche laufe ich mit nackten Füßen über meine frische Wiese hinter meinem Haus und denke: Wann kann das wieder jemand in Schuld machen?
Hier der Hinweis zu AhrHelp für alle, die Lust auf und Kraft für einen Arbeitseinsatz an der Ahr haben.
Am letzten Montag kam der erste Starkregen der Saison. Mindestens 50 Liter auf den Quadratmeter haben an der Ahr Keller geflutet und die Feuerwehr vielerorts auf den Plan gerufen. Und die Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Auch, weil viele Wiederaufbaumaßnahmen zu stockend verlaufen und der nötige Hochwasserschutz noch lange nicht fertiggestellt ist.
Ich wünsche der Ahr einen Sommer ohne neue Katastrophen. Ich wünsche der Ahr mehr staatliche Unterstützung. Und ich wünsche der Ahr wieder Besucher, die nicht nur glotzend durch die Gegend fahren, sondern einkehren und im besten Fall mit anpacken.
Am 14.Juli 2021 machte die Ahr aus ihrem Tal eine riesige Wasser/Schlamm/Geröll/Müll-Wüste. Weit über 100 Menschen überlebten die Katastrophe nicht.
10 Monate sind seitdem vergangen und ich habe mich nach Wochen wieder einmal bei AhrHelp für einen Arbeitseinsatz gemeldet.
Per WhatsApp bekomme ich am Vorabend des 10. Mai um 23.18 Uhr die Ansage:
Hallo Michael, für Euch geht es morgen nach Schuld, auf die Martinstr. 4 zu Hans Peter Diel zum Estrich stemmen, Beginn 9.30 Uhr – Liebe Grüße Bella
Das kleine Dorf Schuld hatte es beim Ahr-Hochwasser schlimm erwischt.
Das Unterdorf liegt an einer Ahrschleife, entsprechend wurde dieser Dorfteil von drei Seiten überschwemmt und zerstört. 50 Menschen hatten die ganze Nacht auf ihren Hausdächern ausgeharrt, 5 Dorfbewohner haben das Unglück mit dem Leben bezahlt.
Ich bin pünktlich in Schuld und muss die Martinstraße suchen. Trockene, staubige Lehmflächen und Häuser in unterschiedlichstem Renovierungszustand prägen das Bild auch 10 Monate nach der Katastrophe.
Ich finde meinen Arbeitsplatz, aber kein Hans Peter weit und breit. Dafür ein Igor. Er arbeitet seit Monaten für „den Chef“ und ruft ihn auf seiner Arbeitsstelle an. Hans Peter hatte um Hilfe gebeten, wohl aber nicht an diesem Dienstag. Egal, er erklärt mir am Telefon, was zu tun ist. Innerhalb der nächsten 30 Minuten kommen die restlichen Helfer, Norbert aus Bonn, Udo I aus Bingen und Udo II aus Aschaffenburg. Udo I hat schon weit mehr als 100 Arbeitstage an der Ahr auf dem Buckel. Er bringt das nötige schwere Gerät (Bohrhammer) an den Start. Einen Radlader steuert Igor bei.
Wir geben Gas
Mit Norbert packe ich hunderte Pflastersteine aus einer halb zerstörten Gartenterrasse in die Schaufel des Radladers. Norbert kann ihn fahren. Er ist von Beruf Lehrer und nutzt seine freien Dienstage und Samstage für den Einsatz an der Ahr, alle Hochachtung! Nach knapp zwei Stunden sind wir fertig und helfen den beiden Udos.
Es wird staubig, stickig und heiß, zumal draußen die Temperatur auf knapp 30 Grad klettert. Am Himmel erscheinen die ersten dicken Cumulus Wolken und ich denke. Als Ahrbewohner hätte ich jetzt schon wieder die Panik in den Augen. Denn die Starkregenzeit steht unmittelbar bevor.
Nach dem Estrich
kommt noch eine dicke Betonplatte unter den Hammer, gegen 15.30 Uhr haben wir den Job erledigt. Udo I ruft Bella von AhrHelp an, meldet Vollzug und bekommt prompt noch eine neue Baustelle in Bad Neuenahr zugewiesen. Ich streiche die Segel.
Bevor ich durchs mittlere Ahrtal nach Hause fahre, laufe ich noch kurz durch die „Reste des Dorfes“. An einigen Stellen wird gewerkelt. Radlader und Bulldozer bewegen gewaltige Erd- und Geröllmassen. Im Dorf herrscht eher Ruhe. Auch wenn Neues entsteht, kann das frische Frühlingsgrün nur an wenigen Stellen darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin irrsinnig viel Arbeit vor den Menschen im Tal liegt. Und dass Vieles noch wirklich desaströs aussieht. Auch, weil größere, nicht private, Wiederaufbaumaßnahmen nicht zu sehen sind.
Besonders in Regionen wie hier in Schuld, in denen der Weinanbau und der damit verbundene Tourismus fast keine Rolle spielen, stimmen die aktuellen Bilder nicht hoffnungsvoll.
Im Anschluss an eine ausgiebige Dusche laufe ich mit nackten Füßen über meine frische Wiese hinter meinem Haus und denke: Wann kann das wieder jemand in Schuld machen?
Hier der Hinweis zu AhrHelp für alle, die Lust auf und Kraft für einen Arbeitseinsatz an der Ahr haben.
https://www.ahrhelp.com/
Wer helfen möchte und von außerhalb kommt, kann gerne bei uns wohnen (oder im Garten sein Zelt aufschlagen).
Zum Shuttle (bei Haribo) sind es 10 Minuten Fahrt, an die Ahr (je nach Ort) 20-35 Minuten.
Und zwei interne Links zu meinen letzten Geschichten zum Thema: Ahr-Hochwasser
27.7.21 Dernau!
Ahrwein 21
Nachtrag:
Am letzten Montag kam der erste Starkregen der Saison. Mindestens 50 Liter auf den Quadratmeter haben an der Ahr Keller geflutet und die Feuerwehr vielerorts auf den Plan gerufen. Und die Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Auch, weil viele Wiederaufbaumaßnahmen zu stockend verlaufen und der nötige Hochwasserschutz noch lange nicht fertiggestellt ist.
Ich wünsche der Ahr einen Sommer ohne neue Katastrophen. Ich wünsche der Ahr mehr staatliche Unterstützung. Und ich wünsche der Ahr wieder Besucher, die nicht nur glotzend durch die Gegend fahren, sondern einkehren und im besten Fall mit anpacken.
Comments (2)
Danke Mikka für Deinen Einsatz
Sehr präzise die Situation beschrieben. Es ist einiges geschafft, aber es liegt noch viel Arbeit und Geduld vor den Betroffenen.