Letzten Freitagnachmittag war noch einmal Fliegen angesagt: 15 Grad und strahlender Sonnenschein, dazu ein etwas ruppiger Wind aus Süd. Eine knappe Stunde in 200 Metern über Grund habe ich das Drachenfelser Ländchen von oben betrachtet und nach einer sehr entspannten Landung die 22-er Motorflugsaison für beendet erklärt.
Am Abend schickte die einzig wahre Borussia die Dortmunder Borussia mit 4:2 zurück in den Pott. Und am Samstag war wieder Traumwetter angesagt. November Blues? Zumindest nicht in meiner kleinen Welt, „am Rande der Stadt“.
Am nächsten Morgen um acht
in der Früh war ich startklar, in kurzer Hose und mit ganz leichtem Gepäck. Von zu Hause in die aufgehende Sonne loswandern, einfach wunderbar. Wäre da nicht die dröhnende Landstraße gewesen, an der ich die ersten 2 Kilometer entlanglaufen musste. Dann kamen Apfelplantagen, geteerte Wirtschaftswege und die ersten Ausblicke auf meine Zielregion: die Wiesen und Wälder der Voreifel.
Bei Kilometer 10 stand ich vor einer Kneipe, die den Boykottaufruf der Fußball WM in Qatar ganz neu definiert, oder „den Schuss nicht gehört hat“, oder….
Dann kam der Wald, ein Rindvieh, das ein halbes Schaf war und der Anstieg auf den Beuelskopf, der mit 291 M.ü.d.M. höhentechnisch noch Luft nach oben hat.
Bergab führte der Weg ins Loch nach Loch und dann wieder bergauf nach Queckenberg.
Da habe ich mich bei Kilometer 15 in die Sonne gesetzt. An der kleinen Madbach Talsperre herrschte himmliche Ruhe. Die Bauern aus Loch und Queckenberg lagen schon im Winterschlaf.
Es folgten weitere Wiesen und Wälder
und bei Kilometer 20 die Steinbachtalsperre, die seit dem Horror-Hochwasser vom 14./15. Juli 2021 trocken liegt.
Zur kurzen Hose war schon längst das T-Shirt gekommen, die November Sonne lief zur Hochform auf. Ganz klar, der Klimawandel bedroht die Menschheit, aber mir bescherte er den perfekten Wandertag. Und damit viele Stunden, in denen auch die eigenen Gedanken Wandertag hatten:
Mein Freund Wolfgang Wiedlich hat 1991 das Buch „Kiwis aus Sibirien“? geschrieben. Vor mehr als 30 Jahren!!
Das ist über 30 Jahre her. Klar, das Thema kochte damals ganz langsam hoch. Aber gleich ein Buch drüber schreiben – alle Hochachtung!
Ein Bekannter ist letzte Woche nach Moskau gereist, um dort wieder seine Arbeit für eine international aufgestellte Sportartikelfirma aufzunehmen. Würde ich das auch machen?Hätte ich Skrupel, oder Angst?
Ich hatte fest vor Ende November nach Namibia zu reisen. War eine gute Entscheidung die Sache abzublasen. Nicht nur wegen meinem ökologischen Fußabdruck – die Eifel ist doch mehr als ein Notnagel.
Bleibe ich bei meinem WM-TV-Boykott? Ist es bei mir überhaupt ein echter Boykott, wenn ich die Nationalmannschaft schon immer eher doof fand? Und werde ich schwach, wenn die Deutschen eine grandiose Vorrunde hinlegen? Werden sie nicht machen, da bin ich mir sicher.
Und dann war es wieder passiert.
Der gedanklichen Ablenkung kam eine Wegkreuzung in die Quere, es folgte eine falsche Entscheidung und wieder einmal das Ende des Weges vor einem Hochsitz. Kleine Niederlagen, die man einstecken muss, wenn man abseits der markierten Wanderwege unterwegs sein will. BeiKilometer 37 erreichte ich dann aber doch mein Ziel: das mittelalterliche Bad Münstereifel. Hier sorgte die Erft im Sommer letzten Jahres für schlimme Verwüstungen – unübersehbar bis heute.
In meinem kleinen Hotel hatte ich ganz schnell den Schlüssel in der einen und ein Bier in der anderen Hand.
Es folgte ein typisches Männer-Samstagnachmittag/Abend-Programm: Dusche-Sportschau-Pizza und noch zwei Bier, oder waren es drei?
Am nächsten Morgen: Der Kaffee war heiß und schmeckte, alles andere auch – in meinem Hotel Landhauszeit. Ein kleines, geschmackvolles Haus, bestens geführt und in allen Belangen sehr zu empfehlen.
Wer sich die Homepage anschaut, wird mit Sicherheit Lust bekommen.
Übrigens: endlich mal eine Homepage, über die man blitzschnell ein Zimmer buchen kann und nicht den eigentlich unnötigen „Umweg“ über booking.com nehmen muss.
Am nächsten Morgen um halb neun war ich wieder auf Achse.
Erst durch die Altstadt, entlang der Erft,
dann bergauf Richtung Rodert und Michelsberg. In den noch schattigen Waldpassagen wechselte die Lufttemperatur mitunter auf wenigen Metern. Warmluftpolster des Vortages hatten an geschützten Stellen die Kälte der Nacht überlebt. Am „Decke Tönnes“ erreichte ich immerhin 520 Höhenmeter.
Die Sonne machte auch aus diesem Novembertag einen gefühlten Septembertag. Volkstrauertagsstimmung kam bei mir nicht auf, auch wenn sich mehrere in meiner Wanderkarte eingezeichnete Wege als nicht mehr existent herausstellten (ich habe nachgeschaut, meine Karte war von 1993). Andere Menschen traf ich nicht, nur gegen Mittag einen Förster im Unterholz. Der führte mich wieder auf den rechten Weg und bei Kilometer 20 sah ich aus dem dunklen Wald auf eine Wiese stolpernd: Todenfeld.
Das Kaff kannte ich von früher.
Dort stand eine Telefonzelle, zu der wir auf unseren Marathon-Trainingsrunden immer hochgerannt sind. Und dort gab es den kleinsten Karnevalszug der Welt. Ein Zugführer zu Fuß, ein Traktor mit Anhänger als Mottowagen ohne echtes Motto und eine Fußgruppe mit irgendwelchem Klimbim und Schnaps im freien Ausschank. Karnevalsmusik schepperte aus jedem Haus. Der Zug zog so lange um die wenigen Häuser, bis alle Teilnehmer und Zuschauer besoffen waren und dann war Schluss. Für mich war auch bald Schluss.
Fazit:
Bad Münstereifel ist eine(n) Wanderung/Besuch wert. Erst recht jetzt: Die Outlets haben wieder geöffnet und Heino ist weg! Hannelore hat ihn mit nach Kitzbühel genommen.
Bei Kilometer 25 wartete mein privates Taxi. Ich lud all meine müden Knochen hinein und fühlte mich echt nicht mehr taufrisch, aber von November Blues weiterhin keine Spur!
Buch: KIWIS AUS SIBIRIEN?, Wolfgang Wiedlich, Birkhäuser Verlag Basel, 1991
Hier der Link zu meiner letzten Geschichte über die Madbach Talsperre:
Letzten Freitagnachmittag war noch einmal Fliegen angesagt: 15 Grad und strahlender Sonnenschein, dazu ein etwas ruppiger Wind aus Süd. Eine knappe Stunde in 200 Metern über Grund habe ich das Drachenfelser Ländchen von oben betrachtet und nach einer sehr entspannten Landung die 22-er Motorflugsaison für beendet erklärt.
Am Abend schickte die einzig wahre Borussia die Dortmunder Borussia mit 4:2 zurück in den Pott. Und am Samstag war wieder Traumwetter angesagt. November Blues? Zumindest nicht in meiner kleinen Welt, „am Rande der Stadt“.
Am nächsten Morgen um acht
in der Früh war ich startklar, in kurzer Hose und mit ganz leichtem Gepäck. Von zu Hause in die aufgehende Sonne loswandern, einfach wunderbar. Wäre da nicht die dröhnende Landstraße gewesen, an der ich die ersten 2 Kilometer entlanglaufen musste. Dann kamen Apfelplantagen, geteerte Wirtschaftswege und die ersten Ausblicke auf meine Zielregion: die Wiesen und Wälder der Voreifel.
Bei Kilometer 10 stand ich vor einer Kneipe, die den Boykottaufruf der Fußball WM in Qatar ganz neu definiert, oder „den Schuss nicht gehört hat“, oder….
Dann kam der Wald, ein Rindvieh, das ein halbes Schaf war und der Anstieg auf den Beuelskopf, der mit 291 M.ü.d.M. höhentechnisch noch Luft nach oben hat.
Bergab führte der Weg ins Loch nach Loch und dann wieder bergauf nach Queckenberg.
Da habe ich mich bei Kilometer 15 in die Sonne gesetzt. An der kleinen Madbach Talsperre herrschte himmliche Ruhe. Die Bauern aus Loch und Queckenberg lagen schon im Winterschlaf.
Es folgten weitere Wiesen und Wälder
und bei Kilometer 20 die Steinbachtalsperre, die seit dem Horror-Hochwasser vom 14./15. Juli 2021 trocken liegt.
Zur kurzen Hose war schon längst das T-Shirt gekommen, die November Sonne lief zur Hochform auf. Ganz klar, der Klimawandel bedroht die Menschheit, aber mir bescherte er den perfekten Wandertag. Und damit viele Stunden, in denen auch die eigenen Gedanken Wandertag hatten:
Mein Freund Wolfgang Wiedlich hat 1991 das Buch „Kiwis aus Sibirien“? geschrieben. Vor mehr als 30 Jahren!!
Das ist über 30 Jahre her. Klar, das Thema kochte damals ganz langsam hoch. Aber gleich ein Buch drüber schreiben – alle Hochachtung!
Ein Bekannter ist letzte Woche nach Moskau gereist, um dort wieder seine Arbeit für eine international aufgestellte Sportartikelfirma aufzunehmen. Würde ich das auch machen? Hätte ich Skrupel, oder Angst?
Ich hatte fest vor Ende November nach Namibia zu reisen. War eine gute Entscheidung die Sache abzublasen. Nicht nur wegen meinem ökologischen Fußabdruck – die Eifel ist doch mehr als ein Notnagel.
Bleibe ich bei meinem WM-TV-Boykott? Ist es bei mir überhaupt ein echter Boykott, wenn ich die Nationalmannschaft schon immer eher doof fand? Und werde ich schwach, wenn die Deutschen eine grandiose Vorrunde hinlegen? Werden sie nicht machen, da bin ich mir sicher.
Und dann war es wieder passiert.
Der gedanklichen Ablenkung kam eine Wegkreuzung in die Quere, es folgte eine falsche Entscheidung und wieder einmal das Ende des Weges vor einem Hochsitz. Kleine Niederlagen, die man einstecken muss, wenn man abseits der markierten Wanderwege unterwegs sein will. Bei Kilometer 37 erreichte ich dann aber doch mein Ziel: das mittelalterliche Bad Münstereifel. Hier sorgte die Erft im Sommer letzten Jahres für schlimme Verwüstungen – unübersehbar bis heute.
In meinem kleinen Hotel hatte ich ganz schnell den Schlüssel in der einen und ein Bier in der anderen Hand.
Es folgte ein typisches Männer-Samstagnachmittag/Abend-Programm: Dusche-Sportschau-Pizza und noch zwei Bier, oder waren es drei?
Am nächsten Morgen: Der Kaffee war heiß und schmeckte, alles andere auch – in meinem Hotel Landhauszeit. Ein kleines, geschmackvolles Haus, bestens geführt und in allen Belangen sehr zu empfehlen.
Wer sich die Homepage anschaut, wird mit Sicherheit Lust bekommen.
Der Link:
https://www.landhauszeit.de/wir
Übrigens: endlich mal eine Homepage, über die man blitzschnell ein Zimmer buchen kann und nicht den eigentlich unnötigen „Umweg“ über booking.com nehmen muss.
Am nächsten Morgen um halb neun war ich wieder auf Achse.
Erst durch die Altstadt, entlang der Erft,
dann bergauf Richtung Rodert und Michelsberg. In den noch schattigen Waldpassagen wechselte die Lufttemperatur mitunter auf wenigen Metern. Warmluftpolster des Vortages hatten an geschützten Stellen die Kälte der Nacht überlebt. Am „Decke Tönnes“ erreichte ich immerhin 520 Höhenmeter.
Die Sonne machte auch aus diesem Novembertag einen gefühlten Septembertag. Volkstrauertagsstimmung kam bei mir nicht auf, auch wenn sich mehrere in meiner Wanderkarte eingezeichnete Wege als nicht mehr existent herausstellten (ich habe nachgeschaut, meine Karte war von 1993). Andere Menschen traf ich nicht, nur gegen Mittag einen Förster im Unterholz. Der führte mich wieder auf den rechten Weg und bei Kilometer 20 sah ich aus dem dunklen Wald auf eine Wiese stolpernd: Todenfeld.
Das Kaff kannte ich von früher.
Dort stand eine Telefonzelle, zu der wir auf unseren Marathon-Trainingsrunden immer hochgerannt sind. Und dort gab es den kleinsten Karnevalszug der Welt. Ein Zugführer zu Fuß, ein Traktor mit Anhänger als Mottowagen ohne echtes Motto und eine Fußgruppe mit irgendwelchem Klimbim und Schnaps im freien Ausschank. Karnevalsmusik schepperte aus jedem Haus. Der Zug zog so lange um die wenigen Häuser, bis alle Teilnehmer und Zuschauer besoffen waren und dann war Schluss. Für mich war auch bald Schluss.
Fazit:
Bad Münstereifel ist eine(n) Wanderung/Besuch wert. Erst recht jetzt: Die Outlets haben wieder geöffnet und Heino ist weg! Hannelore hat ihn mit nach Kitzbühel genommen.
Bei Kilometer 25 wartete mein privates Taxi. Ich lud all meine müden Knochen hinein und fühlte mich echt nicht mehr taufrisch, aber von November Blues weiterhin keine Spur!
Buch: KIWIS AUS SIBIRIEN?, Wolfgang Wiedlich, Birkhäuser Verlag Basel, 1991
Hier der Link zu meiner letzten Geschichte über die Madbach Talsperre:
Weiße Frau und schwarzer Hund
Und meinen Blogeintrag zu meinen ganz persönlichen Katar Erfahrungen gibt es hier:
Zu Besuch beim bleichen Scheich
Comment (1)
Sehr schöne Wanderung in unserer Heimat!!!!!