Original Tagebuchausschnitte von unserer Überland Tour 1975– Auf dem Hippie-Trail von Bad Godesberg nach Nepal
12.230 Kilometer oneway
26.09.75 – Erstes Ziel: Courchevel
Abfahrt in Bad Godesberg gegen 9 Uhr Richtung Basel. Erstes Ziel: Courchevel, wir leihen uns Ski und geben Gas. Ski fahren im September, der Schnee ist schmutzig und sulzig, aber es macht Spaß.
Wir treffen Eva und Michael
28.09.75–St. Martin de Belleville
An der Kirche Notre Dame de la vie in St. Martin de Belleville machen wir am Abend Picknick und schlafen unter dem Kirchen-Vordach.
29.09.75 –Col de l’Iseran Richtung Mailand
Über den Col de l’Iseran geht’s Richtung Mailand, hier hängen wir ein paar Tage bei Catherina und ihrer Mutter ab. Alles sehr gediegen, wir werden verwöhnt. Michael, Kiki und ich steigen zu dritt in die Badewanne – das wundert die Mutter etwas.
01.10.75 –Mailand
Abschied von Catherina, auch von Eva und Michael – nach einem weltmeisterlichen Mittagessen.
02.10.75 – 120 km vor Belgrad
Morgens um vier schlafen wir 120 km vor Belgrad ein paar Stunden. Kurz hinter der bulgarischen Grenze nimmt uns ein Bulle gleich wieder das Zwangsumtauschgeld ab, weil wir angeblich über die durchgezogene Linie gefahren seien. Was für ein Blödmann. Das Wetter ist herrlich, die Landschaft schön, die Straße weniger, 300 km vor Istanbul halten wir am Straßenrand für die Nacht.
04.10.75–Ankara
Ankara liegt in einer baumlosen, rötlich braunen Hügellandschaft, der Himmel ist tiefblau. Überall liegen Türken an der Straße und pennen. Kühe, Schafe, Ziegen und Hunde bevölkern die Straße. Viele Hunde werden überrollt, im Straßengraben liegen umgekippte Fernlaster und Busse wie Meilensteine.
05.10.75 – Iran
An der iranischen Grenze treffen wir eine dicke deutsche Frau im Dirndl und ihren Mann, die ihre Tochter in Teheran besuchen fahren.
06.10.75– Iran
Jeder noch so kleine Ort hier in Persien hat einen kleinen, bunten, herrlich gepflegten Park – die Straße führt rechts und links daran vorbei.
07.10.75– Bazar vonTeheran
Wir schauen uns den Bazar vonTeheran an. Kiki’s kurze Hose bringt die Perser völlig aus der Fassung. Alle bleiben stehen und schauen, teils mit Entzücken, teils mit Abscheu seinen braunen Beinen nach.
08.10.75 – in Maschhad
Wie überall in Persien werden wir auch hier (am Kaspischen Meer) mit unserem Bus als Fremde erkannt, bestaunt, gegrüßt und angelacht – und überall wird uns zugewunken.
Abends treffen wir im Park in Maschhad zwei Intellektuelle, die Englisch und Physik lernen. Sie wollen von uns wissen, ob es in Deutschland ein Grab von Hitler gibt.
09.10.75 – Afghanistan
Gegen vier Uhr sind wir an der Grenze (Persien/Afghanistan). Der erste Zöllner kann unser Visum nicht lesen, wir sollen uns in Maschhad ein neues holen. Wir streiken, fahren mit ihm in unserem Bus zu seinem Chef und der kann lesen. An 8 verschiedenen Stellen muss ich Stempel holen, warten und unsinnige Formulare ausfüllen. Die Zöllner sind zerlumpte und verlauste Burschen. Die Grenze schließt heute früher, der Strom ist ausgefallen. Nach zwei Stunden Fahrt sind wir in Herat. Ziemlich schnell wird uns klar, dass nicht alle Afghanen so dumm sind wie die, die wir an der Grenze getroffen haben.
14.10.75– Kabul
Im Zentrum von Kabul gibt es einen großen Park mit Wasserkanälen. Überall stehen die Afghanen in dem stinkigen Wasser, putzen sich die Zähne, waschen sich den Hintern, waschen Schuhe und Socken. Sich dieses Treiben anzusehen ist köstlich. Es stinkt und wimmelt von Menschen, von allen Seiten wird man mit „Hallo Mister“ angerufen.
17.10.75 – Kabul
Ich muss wieder zum Visa Büro. Wir brauchen ein Exit Visum. Zuerst stellt sich der Bursche schlafend. Dann sagt er: ich soll morgen wiederkommen. Ich packe 5 Dollar in meinen Pass und werfe ihn über den Tresen auf seinen Schreibtisch. Dann geht alles plötzlich ganz schnell.
Am Abend erreichen wir Jalalabad, am Straßenrand stehen Palmen und Apfelsinenbäume. An der Grenze müssen wir eine halbe Flasche Korn opfern, dann sind wir in Pakistan. Hier wird links gefahren. Wie schon in Afghanistan so sehen auch hier die uralten Lastwagen wie Kirmesbuden aus, sie sind mit Klimbim behangen und vollständig bunt und kitschig bemalt.
18.10.75– Pakistan / Lahore
Am Abend kommen wir nach Lahore, ein unvorstellbares und grauenhaftes Verkehrschaos. Wir werden oft von Fahrrädern und Büffelkarren gerammt. Die Hitze ist schlimm.
19.10.75– Pakistan
Wir wollen Ölwechsel machen. Da uns ein 21iger Schlüssel fehlt, gehe ich auf die Suche. Nach kurzer Zeit haben wir alle Dorffrickler um unseren Bus stehen und jeder versucht sein nicht passendes Werkzeug zurechtzubiegen. Ein Durchblicker hat den richtigen Schlüssel, am Abend gehen wir bei ihm Tee trinken. Der Bursche ist Autoschlauchflicker von Beruf. Er flickt die Löcher teilweise mit Nadel und Faden. Hier ist nur wichtig, dass ein Reifen Luft hat. Reifen mit Profil sieht man nie.
22.10.75– Indien / Delhi
Wolkenloser Himmel über Delhi. Wir fahren mit der Rikscha zum Hotel Imperial und kaufen uns eine Tageskarte für den Pool. Hier schreiben wir Postkarten und essen 15 Bananen.
23.10.75 – Taj Mahal in Agra
Gegen 3 Uhr sind wir am Taj Mahal in Agra. Das ist der schönste Bau, den ich je gesehen habe.
24.10.75 – Benares
Ich habe Geburtstag, ich werde 21. Es ist heiß und schwül und die Inder nerven, weil sie einfach alles auf der Straße veranstalten und Autos als Verkehrsmittel nicht anerkennen. Wir kommen nach Benares, wir sehen uns die alte, winklige, bunte, dreckige Stadt an. Wir lassen uns über den Ganges paddeln, am Ufer werden Tote verbrannt.
26.10.75 – Nepal/ Kathmandu
Wir haben an der Grenze übernachtet. Am Morgen gehe ich sofort auf „Stempeljagd“ und nach 2 Stunden sind wir in Nepal. Wir nehmen zwei Australier (David und John) mit. An einem Gebirgsfluss halten wir und gehen baden, wir genießen die Stille und Kühle.
Die Straße ist vom Monsun zerstört, schneller als 20 Stundenkilometer können wir nicht fahren. Wir müssen über einen 2800 Meter hohen Pass, am Abend sind wir in Kathmandu. 12230 Kilometer bis hierhin.
28.10.75– Kathmandu
Am Morgen sehen wir das erste Mal den verschneiten Himalaya, davor die alten Ziegelhäuser von Kathmandu. Kiki verkauft alte 2 Reifen für umgerechnet 100 Mark, hier kann man alles verkaufen.
Am Abend trinken wir Rum mit Cola und essen Schwarzwälder Kirsch. Danach besorge ich noch Milch und wir machen Vanillepudding.
02.11.75– Kathmandu
Jeden Tag durchstreifen wir Kathmandu, essen Kuchen, kaufen in Sherpa-Läden second hand Trekkingklamotten und trinken Star Bier am Abend, Kiki nicht, er trinkt nie Alkohol.
04.11.75 – EverestTrekking
Gegen 6 Uhr brechen wir zum Everest auf, Kiki, David und ich. Zwei Stunden warten wir auf unseren Linienbus, dann geht es los. 70 Kilometer bis Lamosangu, da beginnt unser Trekking. Nach einer halben Stunde ist der schrottreife Bus total überladen, im Bus mehr als 100 Menschen, auf dem Dach ebenfalls, dazu Dutzende Schafe, Ziegen und Hühner. Die Leute liegen längs und quer, Kiki passt auf die Ablage vor der Windschutzscheibe, die zig Risse hat. Wir schwitzen wie die Teufel. Nach 7 Stunden sind wir da. Es geht Steintreppen hoch, stundenlang.
Wir übernachten bei einer Familie unter dem Vordach auf dem welligen Lehmboden. Jeder isst mit den Fingern einen Haufen Reis, dann hauen wir uns hin.
06.11.75– Region Surkye
Wir wandern hoch und runter, trinken Tee in Teehäusern, schwitzen und frieren je nach Tageszeit. Meine Füße sind blutig, wir essen Reis mit grünen Blättern, wie Ziegenfutter. Die Landschaft ist einfach super schön.
07.11.75– Region Namdu
Gegen 11 Uhr kommen wir an einen großen Fluss, wir ziehen die Klamotten aus und springen in das kalte Gletscherwasser. Anschließend lassen wir uns nackt in der Sonne trocknen. Zwei Nepalesinnen kommen vorbei und sind „begeistert“.
Die Täler verlaufen hier alle von Nord nach Süd und wir müssen nach Osten wandern. Am Abend gibt es wieder Reis mit Grün. Mit den Fingern essen mach Spaß, aber man bekommt danach die Schmiere so schwer ab. Ein Tee mit Zucker und Milch kostet ein bis zwei Pfennige.
08.11.75– Region Jiri
Immer weiter. Was auffällt: Die Frauen hier sieht man entweder Lasten schleppen oder Kinder stillen, oft sind sie selbst fast noch Kinder.
10.11.75– Thodung
Wir zweigen vom Weg ab und wandern über Almen bis auf über 3000 Metern Höhe zu einer von Schweizern gegründeten Cheese Factory (Thodung). Ein Paradies. Eine Almhütte mit tibetanischen Klosterhunden davor. Auf einer Anhöhe steht ein Gästehaus mit richtigen Betten. Wir gehen sofort essen. Wir sitzen in einem warmen Raum, an der Decke hängen Würste und Schinken, wir werden verrückt.
Es gibt Yak-Käse und Brötchen und Yoghurt und Fritten und Schinken.
11.11.75– Jiri
Wir frühstücken wie die Weltmeister, draußen liegt dicker Raureif über der Landschaft.
David’s Beine schmerzen seit Tagen, wir wollen noch einen Tag ausruhen und essen und einen Joint rauchen, mit einem Amerikaner, der mit seinen 3 Trägern angekommen ist. Der Typ ist echt witzig. Gegen 11 Uhr treffen sich auf einem kleinen Hügel oberhalb Dorfleute und legen sich in die Sonne. Holzstämme werden aufgeschichtet, 3 Mönche bauen auf dem Boden einen kleinen Altar auf, beten und singen. Dann wird ein Leichnam herangetragen und auf den Scheiterhaufen gelegt und dann wird das Ganze angezündet. Der Vater des Verstorbenen verteilt Sherpa Bier (Chang), auch an uns. Alle lachen und haben Spaß. Nur die junge Witwe sitzt weinend am Feuer. So eine friedliche, schöne und lustige Totenfeier habe ich noch nie gesehen. Wir gehen zurück zur Käsefabrik, ein Deutscher (Piet) ist angekommen, den wir schon in Delhi getroffen hatten. Ein Prolet aus Berlin, aber ein netter, lustiger Prolet.
13.11.75– Region Phedi
Es geht ins nächste Tal hinunter. David geht es schlecht, er muss sich auf Stöcke stützen. Und wir müssen wieder aufsteigen. Die Dörfer werden weniger und wir müssen unsere Etappen nach ihnen ausrichten. Im kleine Ort Sete übernachten wir.
15.11.75– Maningdingmo
Weiter talauf, talab. In Maningdingmo mache ich wieder eine Ganzkörperwäsche. Kiki hört nach der Fußwäsche auf, zu kalt.
16.11.75– Region Kharte
Erst gegen 8 kommen wir los, mich regt es auf, dass es morgens immer so lange dauert, besonders David braucht super lange. Wenn ich die beiden antreibe, werden sie böse. Jetzt endlich zweigt der Weg nach Norden ab, direkt in Richtung Everest. Manchmal läuft der Weg durch dichten Rhododendronwald, nachmittags zieht häufig kalter Nebel auf. Schwitzen, frieren, schwitzen….
17.11.75– Chaunrikarka
In Chaunrikarka finden wir wieder eine Unterkunft mit Fenstern und sogar Kaffee.
18.11.75– Namche Bazar
Am Dudh Kosi geht es weiter in Richtung Namche Bazar, dem großen Sherpa-Dorf. Das Gehen macht Spaß, auch weil endlich die ersten Himalaya Riesen zu sehen sind. Endlich geht David wieder gut.
Im International Foot and Rest kommen wir unter, zusammen mit 10 anderen Burschen. Alle in einem Raum, in dem wir Feuer machen können.
19.11.75– Namche
Wolkenloser Himmel über Namche. Frost in der Nacht, aber bald wärmt die Sonne. Am Nachmittag bekommen wir für ein paar Pfennig eine warme Dusche unter freiem Himmel. Das Wasser tröpfelt und ich werde nicht ganz nass, aber das Wasser ist warm.
20.11.75– Kloster Tengboche
Wir ziehen weiter. Durch Rhododendronwald an einer kleinen Flugpiste vorbei (Shangboche)und dann sehen wir endlich den Everest, noch ganz schön versteckt hinter Nuptse und Lhotse, der Ama Dablam (vorne rechts) sieht viel schöner aus. Über Phunki Bridge geht es weiter bis zum berühmten Kloster Tengboche. Die Nacht wird saukalt und die Nudelsuppe vom Abend kotze ich in der Nacht draußen in die Walachei. Reis ist besser für mich.
22.11.75– Lobuche
So schön die Tage sind, so beschissen sind die Nächte. Kalt, schlaflos, langweilig. In den Lodges gibt es Lebensmittel zu kaufen, die die Expeditionen zurückgelassen haben. Sie sind zu teuer für uns. Auch Piet, der nette Prolet, der wieder zu uns gestoßen ist, kann sich keine Pfirsiche in der Dose leisten. Die Berge hauen mich um. In Lobuche auf 4900 Metern stehen zwei Hütten, in einer können wir auf dem Boden schlafen. In der Hütte hängt wieder beißender Rauch, von der Yak-Scheiße, die in den offenen Feuer- und Kochstellen verbrannt wird. Schon um 5 Uhr kriechen wir in die Schlafsäcke, wegen der Kälte. 14 Stunden rumliegen.
23.11.75– Kalar Pattar, 5500 m
Bis auf Piet gehen alle gut. Die Berge um uns rum sind einfach der Hammer. Meine Begeisterung kennt kaum noch Grenzen. Von Gorak Shep geht ein schmaler Pfad bis zum Kalar Pattar (5500 Meter), einem Aussichtsfelsen, direkt gegenüber vom Everest. Unter uns fließt der Khumbu Gletscher. Ich muss immer wieder stehenbleiben und Luft holen. Oben pfeift der Wind, es ist saukalt, aber ich bleibe und schaue mich satt.
David kommt zu mir hoch, Kiki spart sich die letzten Höhenmeter. Wir flippen aus vor lauter Bergglück. Und dann geht es wieder Richtung Heimat, raus aus der Höhe und der Kälte. Es ist so super schön hier oben, aber die Kälte und Schlaflosigkeit machen uns fertig. Wir wandern weiter Richtung Pheriche. David bricht zusammen und rappelt sich doch wieder auf. Am Abend gibt’s 3 Teller Reis für jeden.
26.11.75– Lukla/Flugpiste
An der Flugpiste von Lukla versuchen wir unser Glück. Statt 14 Tage wieder laufen vielleicht nur 1 Stunde fliegen. Aber unser Geld reicht nicht und Traveller Schecks findet der Airport Manager doof. Und es kommt auch gar kein Flugzeug. Rund um die Piste liegen Flugzeuge, die die schmale Schotterpiste nicht getroffen haben. Wir legen uns an der Piste in die Sonne und rauchen Gaida Zigaretten.
27.11.75– Kathmandu
Unsere Schecks stehen heute höher im Kurs, wir bekommen Tickets und können unser Glück kaum fassen. Wir fliegen exakt über unseren Hinweg, sehen sogar die Cheese Factory von oben. Per Taxi fahren wir zu unserem Bus, der wohlbehalten neben unserem kleinen Hotel steht. Da dürfen wir duschen, kalt. Danach sitzen wir wieder in der Sonne und gehen durch die Freak Street zum Essen. Wir hatten uns mehr zugetraut. Nach zwei Stücken Kuchen und einer Pizza bin ich voll. Am Bus machen wir uns noch heiße Milch und dann legen wir uns hin, wir glauben wir liegen in einem Himmelbett.
28.11.75 – Kathmandu
Wir gehen zur Post und lesen Briefe aus der Heimat (poste restante) – nette Briefe. Dann wieder Kuchen in der German Bakery und anschließend macht Kiki Pizza in der Bratpfanne, 8 Stück. Danach sind wir fix und fertig, wir müssen uns ganz still hinlegen.
02.12.75– Kathmandu
Wir essen nur, oft im „dont pass me by“. Ich gehe zum Friseur mit Kopf und Oberkörpermassage für 20 Pfennig.
Am Nachmittag sehen wir im Stadion ein Sportfest. Ein Weitspringer will einen Versuch machen, aber die Weitsprunggrube steht voller Zuschauer. Anschließend findet ein Fußballspiel statt. Die Zuschauer lachen die Spieler aus und gehen nach 20 Minuten fast alle nach Hause. Auf dem Rückweg treffen wir auf eine Blaskapelle, total chaotisches Geblase, wir können uns vor Lachen kaum halten. Der Prime Minister ist heute wieder zu Gast bei unserem Hotelbesitzer. Er will wieder Autos kaufen, die aus Europa überführt wurden. Er will eigentlich alles kaufen, nur nicht meine rote Kunstlederjacke.
05.12.75– Pokhara
Wir fahren 200 Kilometer nach Pokhara und nehmen David wieder mit, auch wenn seine Langsamkeit manchmal nervt. Die Straße ist besser als erwartet, die Berge rücken näher, obwohl Pokhara tiefer liegt und es daher wärmer wird. Pokhara sieht mit seinen kleinen verstreuten Häusern fast romantisch aus, aber schon bald sehen wir, dass es hier von Touristen wimmelt (wir sind auch welche!). Überall kleine Restaurants und Hotels. Wir parken direkt am See. Kleine Jungs mit ihren hellen Stimmchen fragen uns permanent „you want hasch, good one?“ Die Sache nervt.
David schläft diese Nacht nochmal mit im Wagen. Er ist ein netter und komischer Kerl. Er läuft auch bei herrlichem Sonnenschein mit seiner dicken Daunenjacke, in der er fast ganz verschwindet, und seiner Zipfelmütze rum. Dazu steckt er die Hose immer unten in die Socken.
06.12.75– Pokhara
Ich geh am See waschen, Kiki räumt den Wagen auf und David sitzt in der Sonne und träumt. Anschließend trinke ich die einzige Flasche Hannen Alt, die ich mithatte. Schmeckt nicht besonders, das Star Bier hier ist besser.
Anschließend schwimmen im See, angeln und Pfannekuchen von Kiki.
09.12.75– Gorakhpur
Wir packen zusammen und fahren los, Richtung Indien. David war gestern schon losgezogen. Es wird wieder heiß und stickig, wir kommen bis Gorakhpur.
11.12.75– Indien / Delhi
Am Straßenrand immer wieder Elefanten und das Warnschild „better late than never“. Immer wieder nehmen wir im Wagen einen Inder mit, der uns den Weg zeigt. Am Nachmittag erreichen wir das Tourist Camp in Delhi.
12.12.75– Delhi
Ich gehe in einer Bank Geld tauschen. Es dauert 1 Stunde, obwohl ich der einzige Kunde bin. Gegen 11 Uhr gibt e Mittagessen: Bananen, pro Mann 10-15 Stück. Bananen schmecken uns jeden Tag gleich gut. Mit einem Motorradtaxi (Harley Davidson) fahren wir zum Zoo, er liegt direkt neben dem Alten Fort. Es ist schön im Zoo, die meisten Käfige sind leer, aber auch vor den leeren Käfigen stehen die Inder und staunen. Die weißen Tiger sind beeindruckend, die einzigen auf der Welt – sie machen einen ziemlich müden Eindruck. Danach fahren wir mit einem Taxi, das permanent gegen die Einbahnstraße fährt, zurück.
13.12.75– Delhi
Erstmal dusche ich heiß. Danach fahren wir ins Zentrum. Kiki kauft sich eine Blockflöte. Zu Hause sitzen wir in der Sonne und essen Eis (Marke Quality) aus kleinen Pappbechern. Kiki immer einige mehr als ich. Danach macht er am Wagen den Ölfilter sauber. Am Abend gibt’s wieder Pfannkuchen mit Pfirsichen.
17.12.75– Amritsar/ Lahore
Gegen halb elf erreichen wir Amritsar. Wir stellen unseren wagen am Bahnhof ab, wir haben wieder einen Platten. Den Wechsel schaffen wir mittlerweile in Minutenschnelle. Wir besuchen den Goldenen Tempel der Sikhs, lassen anschließend den Reifen flicken und fahren in der Dunkelheit Richtung Lahore. Der Kassettenrecorder spielt „wir fahrn…auf der Autobahn“. Wir nehmen einen Pakistani mit, der uns den Weg aus der Stadt zeigt. Es ist Vollmond, die Landschaft sieht schön und geisterhaft aus, sie erinnert uns wieder einmal an „der Herr der Ringe“.
18.12.75– Afghanistan
Am Mittag fahren wir durch Peschawar, weiter in Richtung Khyber-Pass. Die Einwohner hier tragen alle schwere Waffen, überall sehen wir Militär. Hier am Khyber-Pass sieht es jeden Tag nach Krieg aus.
Am Nachmittag sind wir in Jalalabad. Viele Afghanen, die es sich leisten können, verbringen hier den Winter. Wir laufen durch die Stadt und essen Obst. Ab morgen fahren wir in die Kälte.
19.12.75 – Kabul
Um Kabul herum sind alle Berge weiß, es ist um die Null Grad. Wir parken bei einem kleinen Hotel, gehen essen, probieren Pelzmäntel. Dann kaufen wir uns für 30 Mark ein Weihnachtsgeschenk, einen 50 Tage alten, spindeldürren, kleinen, braunen, süßen Afghanen. Wir nennen ihn Reudi. Er frisst drei rohe Eier und bekommt sofort Dünnschiss.
20.12.75– Kabul
Der Köter ist nicht stubenrein, nachts wacht man auf und hat einen schrecklichen Geruch in der Nase.
Der Himmel ist grau, es sieht nach Schnee aus. Wir quatschen mit einem Deutschen, der aus Europa kommt und endlich in die Wärme will, nach Goa. 150000 Burschen sollen da über Weihnachten herumhängen, wir sind froh nicht dorthin gefahren zu sein. Gegen 11 Uhr gehen wir auf die Bank, Geld tauschen. Die erste Bank will nicht tauschen, auf der zweiten Bank mache ich bei der Unterschrift den ersten Buchstaben anders als im Pass (kalte Finger), also auch kein Geld. Auf der 3. Bank warten wir zwei Stunden und bekommen dann Afghani.
Am Bus rauchen wir dann eine gute Runde afghanischen Shit, herrlich. Und dann fängt es wie verrückt an zu schneien. Reudi hat in den Wagen geschissen, wir schmeißen ihn in den Schnee. Er zeiht den mickrigen Schwanz ein. Die Nacht scheißt er noch zweimal, jedes Mal müssen wir raus aus dem Schlafsack und stehen mit nackten Füßen im Schnee. Da haben wir uns was eingebrockt.
22.12.75 – Kandahar
Wir packen den Köter ein und fahren los. Nach 10 Minuten kotzt Reudi das erste Mal, nach 15 Minuten das zweit Mal. Er scheint sich nicht wohl zu fühlen. Die Landschaft sieht irre schön aus. Beim Sonnenuntergang sind wir in Kandahar, wir machen Nudeln, als Nachtisch Shit.
Reudi scheißt die Rosinen, die wir ihm geben, in Originalform wieder aus.
24.12.75 – Herat
Heiligabend, gegen 9 Uhr fahren wir Richtung Herat. Es regnet, dann schneit es wieder. Am Abend liegen wir mit drei Afghanen zusammen in einem Raum auf dem Teppich, rauchen einen Joint und trinken Tee.
25.12.75 – Herat
Den ganzen Nachmittag verbringen wir im Türkischen Bad.
26.12.75– Iran / Maschad
Wir fahren los Richtung Grenze. Die afghanische Station ist nicht besetzt, die Schranke ist offen. Wir überlegen und fahren durch. Zwei Kilometer weiter im Niemandsland holen uns die Grenzbeamten im Jeep ein, bringen uns zurück und filzen jetzt den Bus total. Wir müssen den Bus komplett ausladen und dann stochern die doofen Typen stundenlang in unseren Sachen rum. Sie finden kein Hasch und auch Reudi fällt ihnen nicht auf, obwohl er um unseren Bus herumläuft (tun andere Köter aber auch). Wir schmeißen alles zurück in den Bus, fahren drei Kilometer bis zur persischen Station und da dürfen wir den Wagen wieder ausschütten. Die Jungs hier fühlen sogar, ob unsere Herzen höherschlagen. Reudi ist der geborene blinde Passagier, keiner entdeckt ihn. Ohne Papiere haben wir die beiden schwersten Grenzen geschafft. Am Abend erreichen wir noch Maschhad.
27.12.75 – Kaspische Meer
Reudi gibt seinen Hungerstreik auf. Die schneebedeckten Gebirgszüge strahlen in der Sonne und dann kommt kein Schneesturm, sondern ein Sandsturm. Die Sonne verschwindet, wir kommen nur noch im Schritttempo weiter. Wir kommen ans Kaspische Meer und in die Wärme.
28.12.75 – Im Elburs Gebirge
Die Landschaft ist grün, es gibt herrliche Bananen und Apfelsinen zu kaufen. Im Elburs Gebirge kommt dann wieder der Schnee, links und rechts der Straße meterhohe Schneemauern. Hinter dem Pass liegt ein kleines Skigebiet, wir mieten uns Ski und geben Gas. Auf der Piste fast nur Europäer, wahrscheinlich Diplomaten aus Teheran. Auf einem Tisch an der Piste steht noch eine halbe Weihnachtsgans von irgendwelchen vollgefressenen Typen. Wir packen das Fleisch für Reudi ein, damit bekommen wir ihn bis nach Hause.
In Teheran fährt Kiki fast drei Perser über den Haufen. Unser Wagen verliert Öl, 1 Liter auf 500 Kilometer und der Scheibenwischmotor ist auch hin. Aber für Reparaturen fehlt uns das Geld und der Nerv.
30.12.75 – Am Ararat
Am Ararat liegen gewaltige Schneemassen. Hin und wieder rast ein Fernlaster auf uns zu, auf spiegelglatter Fahrbahn. Die Landschaft ist unwirklich schön aber es wird immer kälter. Vorne im Wagen geht es, aber hinten friert das Wasser in den Kanistern. Reudi muss bei Kiki mit in den Schlafsack.
31.12.75 – Richtung Ankara
Wir fahren weiter Richtung Ankara, unsere Silvesterfeier fällt bescheiden aus, fällt eigentlich ganz aus. Ich trinke in einer Fernfahrerkneipe ein türkisches Bier.
01.01.76 – 100 Kilometer vor Istanbul
Die Batterie ist leer, das Öl läuft aus und wir haben schlechte Stimmung. Zwei Türken helfen uns die Karre flott zu bekommen.
100 Kilometer vor Istanbul ist Schluss mit Schnee. Die Kiste läuft, wir kommen über den Bosporus. Istanbul interessiert uns nicht weiter, wir fahren weiter und halten erst kurz vor Sophia.
02.01.76 – Österreich / Wurzenpass
Keiner sagt es, aber es drängt uns nach Hause und wir fahren, was die Kiste hergibt. Mitten in der Nacht erreichen wir den Wurzenpass.
03.01.76 – Prägraten /Osttirol
Die österreichischen Grenzer nehmen eine Leibesvisitation vor und sie entdecken Reudi, den wir unter Schlafsäcken versteckt haben. Sie wollten Rauschgift finden und dann nur ein Köter, sie lassen uns fahren. Kurz vor 7 sind wir in Prägraten (Osttirol) bei Familie Mair. Herr Mair rasiert sich am Waschbecken in der Küche, Frau Mair ist schon in der Kirche. Danach wirft sie uns ein gewaltiges Frühstück.
04.01.76 – Bad Godesberg
Bei Schneefall fahren wir am Vormittag los. Kiki fährt bis Nürnberg, ich schlafe hinten. Einmal rast Kiki von der Autobahn eine Böschung runter und dann auf ein Feld. Er hatte Reudi zum Spielen ins Lenkrad gesetzt. Um Mitternacht sind wir in Bad Godesberg und zurück am Rhein.
Original Tagebuchausschnitte von
unserer Überland Tour 1975 – Auf dem Hippie-Trail von Bad Godesberg nach Nepal
12.230 Kilometer oneway
26.09.75 – Erstes Ziel: Courchevel
Abfahrt in Bad Godesberg gegen 9 Uhr Richtung Basel. Erstes Ziel: Courchevel, wir leihen uns Ski und geben Gas. Ski fahren im September, der Schnee ist schmutzig und sulzig, aber es macht Spaß.
Wir treffen Eva und Michael
28.09.75 – St. Martin de Belleville
An der Kirche Notre Dame de la vie in St. Martin de Belleville machen wir am Abend Picknick und schlafen unter dem Kirchen-Vordach.
29.09.75 – Col de l’Iseran Richtung Mailand
Über den Col de l’Iseran geht’s Richtung Mailand, hier hängen wir ein paar Tage bei Catherina und ihrer Mutter ab. Alles sehr gediegen, wir werden verwöhnt. Michael, Kiki und ich steigen zu dritt in die Badewanne – das wundert die Mutter etwas.
01.10.75 – Mailand
Abschied von Catherina, auch von Eva und Michael – nach einem weltmeisterlichen Mittagessen.
02.10.75 – 120 km vor Belgrad
Morgens um vier schlafen wir 120 km vor Belgrad ein paar Stunden. Kurz hinter der bulgarischen Grenze nimmt uns ein Bulle gleich wieder das Zwangsumtauschgeld ab, weil wir angeblich über die durchgezogene Linie gefahren seien. Was für ein Blödmann. Das Wetter ist herrlich, die Landschaft schön, die Straße weniger, 300 km vor Istanbul halten wir am Straßenrand für die Nacht.
04.10.75 – Ankara
Ankara liegt in einer baumlosen, rötlich braunen Hügellandschaft, der Himmel ist tiefblau. Überall liegen Türken an der Straße und pennen. Kühe, Schafe, Ziegen und Hunde bevölkern die Straße. Viele Hunde werden überrollt, im Straßengraben liegen umgekippte Fernlaster und Busse wie Meilensteine.
05.10.75 – Iran
An der iranischen Grenze treffen wir eine dicke deutsche Frau im Dirndl und ihren Mann, die ihre Tochter in Teheran besuchen fahren.
06.10.75 – Iran
Jeder noch so kleine Ort hier in Persien hat einen kleinen, bunten, herrlich gepflegten Park – die Straße führt rechts und links daran vorbei.
07.10.75 – Bazar vonTeheran
Wir schauen uns den Bazar vonTeheran an. Kiki’s kurze Hose bringt die Perser völlig aus der Fassung. Alle bleiben stehen und schauen, teils mit Entzücken, teils mit Abscheu seinen braunen Beinen nach.
08.10.75 – in Maschhad
Wie überall in Persien werden wir auch hier (am Kaspischen Meer) mit unserem Bus als Fremde erkannt, bestaunt, gegrüßt und angelacht – und überall wird uns zugewunken.
Abends treffen wir im Park in Maschhad zwei Intellektuelle, die Englisch und Physik lernen. Sie wollen von uns wissen, ob es in Deutschland ein Grab von Hitler gibt.
09.10.75 – Afghanistan
Gegen vier Uhr sind wir an der Grenze (Persien/Afghanistan). Der erste Zöllner kann unser Visum nicht lesen, wir sollen uns in Maschhad ein neues holen. Wir streiken, fahren mit ihm in unserem Bus zu seinem Chef und der kann lesen. An 8 verschiedenen Stellen muss ich Stempel holen, warten und unsinnige Formulare ausfüllen. Die Zöllner sind zerlumpte und verlauste Burschen. Die Grenze schließt heute früher, der Strom ist ausgefallen. Nach zwei Stunden Fahrt sind wir in Herat. Ziemlich schnell wird uns klar, dass nicht alle Afghanen so dumm sind wie die, die wir an der Grenze getroffen haben.
14.10.75 – Kabul
Im Zentrum von Kabul gibt es einen großen Park mit Wasserkanälen. Überall stehen die Afghanen in dem stinkigen Wasser, putzen sich die Zähne, waschen sich den Hintern, waschen Schuhe und Socken. Sich dieses Treiben anzusehen ist köstlich. Es stinkt und wimmelt von Menschen, von allen Seiten wird man mit „Hallo Mister“ angerufen.
17.10.75 – Kabul
Ich muss wieder zum Visa Büro. Wir brauchen ein Exit Visum. Zuerst stellt sich der Bursche schlafend. Dann sagt er: ich soll morgen wiederkommen. Ich packe 5 Dollar in meinen Pass und werfe ihn über den Tresen auf seinen Schreibtisch. Dann geht alles plötzlich ganz schnell.
Am Abend erreichen wir Jalalabad, am Straßenrand stehen Palmen und Apfelsinenbäume. An der Grenze müssen wir eine halbe Flasche Korn opfern, dann sind wir in Pakistan. Hier wird links gefahren. Wie schon in Afghanistan so sehen auch hier die uralten Lastwagen wie Kirmesbuden aus, sie sind mit Klimbim behangen und vollständig bunt und kitschig bemalt.
18.10.75 – Pakistan / Lahore
Am Abend kommen wir nach Lahore, ein unvorstellbares und grauenhaftes Verkehrschaos. Wir werden oft von Fahrrädern und Büffelkarren gerammt. Die Hitze ist schlimm.
19.10.75 – Pakistan
Wir wollen Ölwechsel machen. Da uns ein 21iger Schlüssel fehlt, gehe ich auf die Suche. Nach kurzer Zeit haben wir alle Dorffrickler um unseren Bus stehen und jeder versucht sein nicht passendes Werkzeug zurechtzubiegen. Ein Durchblicker hat den richtigen Schlüssel, am Abend gehen wir bei ihm Tee trinken. Der Bursche ist Autoschlauchflicker von Beruf. Er flickt die Löcher teilweise mit Nadel und Faden. Hier ist nur wichtig, dass ein Reifen Luft hat. Reifen mit Profil sieht man nie.
22.10.75 – Indien / Delhi
Wolkenloser Himmel über Delhi. Wir fahren mit der Rikscha zum Hotel Imperial und kaufen uns eine Tageskarte für den Pool. Hier schreiben wir Postkarten und essen 15 Bananen.
23.10.75 – Taj Mahal in Agra
Gegen 3 Uhr sind wir am Taj Mahal in Agra. Das ist der schönste Bau, den ich je gesehen habe.
24.10.75 – Benares
Ich habe Geburtstag, ich werde 21. Es ist heiß und schwül und die Inder nerven, weil sie einfach alles auf der Straße veranstalten und Autos als Verkehrsmittel nicht anerkennen. Wir kommen nach Benares, wir sehen uns die alte, winklige, bunte, dreckige Stadt an. Wir lassen uns über den Ganges paddeln, am Ufer werden Tote verbrannt.
26.10.75 – Nepal / Kathmandu
Wir haben an der Grenze übernachtet. Am Morgen gehe ich sofort auf „Stempeljagd“ und nach 2 Stunden sind wir in Nepal. Wir nehmen zwei Australier (David und John) mit. An einem Gebirgsfluss halten wir und gehen baden, wir genießen die Stille und Kühle.
Die Straße ist vom Monsun zerstört, schneller als 20 Stundenkilometer können wir nicht fahren. Wir müssen über einen 2800 Meter hohen Pass, am Abend sind wir in Kathmandu. 12230 Kilometer bis hierhin.
28.10.75 – Kathmandu
Am Morgen sehen wir das erste Mal den verschneiten Himalaya, davor die alten Ziegelhäuser von Kathmandu. Kiki verkauft alte 2 Reifen für umgerechnet 100 Mark, hier kann man alles verkaufen.
Am Abend trinken wir Rum mit Cola und essen Schwarzwälder Kirsch. Danach besorge ich noch Milch und wir machen Vanillepudding.
02.11.75 – Kathmandu
Jeden Tag durchstreifen wir Kathmandu, essen Kuchen, kaufen in Sherpa-Läden second hand Trekkingklamotten und trinken Star Bier am Abend, Kiki nicht, er trinkt nie Alkohol.
04.11.75 – Everest Trekking
Gegen 6 Uhr brechen wir zum Everest auf, Kiki, David und ich. Zwei Stunden warten wir auf unseren Linienbus, dann geht es los. 70 Kilometer bis Lamosangu, da beginnt unser Trekking. Nach einer halben Stunde ist der schrottreife Bus total überladen, im Bus mehr als 100 Menschen, auf dem Dach ebenfalls, dazu Dutzende Schafe, Ziegen und Hühner. Die Leute liegen längs und quer, Kiki passt auf die Ablage vor der Windschutzscheibe, die zig Risse hat. Wir schwitzen wie die Teufel. Nach 7 Stunden sind wir da. Es geht Steintreppen hoch, stundenlang.
Wir übernachten bei einer Familie unter dem Vordach auf dem welligen Lehmboden. Jeder isst mit den Fingern einen Haufen Reis, dann hauen wir uns hin.
06.11.75 – Region Surkye
Wir wandern hoch und runter, trinken Tee in Teehäusern, schwitzen und frieren je nach Tageszeit. Meine Füße sind blutig, wir essen Reis mit grünen Blättern, wie Ziegenfutter. Die Landschaft ist einfach super schön.
07.11.75 – Region Namdu
Gegen 11 Uhr kommen wir an einen großen Fluss, wir ziehen die Klamotten aus und springen in das kalte Gletscherwasser. Anschließend lassen wir uns nackt in der Sonne trocknen. Zwei Nepalesinnen kommen vorbei und sind „begeistert“.
Die Täler verlaufen hier alle von Nord nach Süd und wir müssen nach Osten wandern. Am Abend gibt es wieder Reis mit Grün. Mit den Fingern essen mach Spaß, aber man bekommt danach die Schmiere so schwer ab. Ein Tee mit Zucker und Milch kostet ein bis zwei Pfennige.
08.11.75 – Region Jiri
Immer weiter. Was auffällt: Die Frauen hier sieht man entweder Lasten schleppen oder Kinder stillen, oft sind sie selbst fast noch Kinder.
10.11.75 – Thodung
Wir zweigen vom Weg ab und wandern über Almen bis auf über 3000 Metern Höhe zu einer von Schweizern gegründeten Cheese Factory (Thodung). Ein Paradies. Eine Almhütte mit tibetanischen Klosterhunden davor. Auf einer Anhöhe steht ein Gästehaus mit richtigen Betten. Wir gehen sofort essen. Wir sitzen in einem warmen Raum, an der Decke hängen Würste und Schinken, wir werden verrückt.
Es gibt Yak-Käse und Brötchen und Yoghurt und Fritten und Schinken.
11.11.75 – Jiri
Wir frühstücken wie die Weltmeister, draußen liegt dicker Raureif über der Landschaft.
David’s Beine schmerzen seit Tagen, wir wollen noch einen Tag ausruhen und essen und einen Joint rauchen, mit einem Amerikaner, der mit seinen 3 Trägern angekommen ist. Der Typ ist echt witzig. Gegen 11 Uhr treffen sich auf einem kleinen Hügel oberhalb Dorfleute und legen sich in die Sonne. Holzstämme werden aufgeschichtet, 3 Mönche bauen auf dem Boden einen kleinen Altar auf, beten und singen. Dann wird ein Leichnam herangetragen und auf den Scheiterhaufen gelegt und dann wird das Ganze angezündet. Der Vater des Verstorbenen verteilt Sherpa Bier (Chang), auch an uns. Alle lachen und haben Spaß. Nur die junge Witwe sitzt weinend am Feuer. So eine friedliche, schöne und lustige Totenfeier habe ich noch nie gesehen. Wir gehen zurück zur Käsefabrik, ein Deutscher (Piet) ist angekommen, den wir schon in Delhi getroffen hatten. Ein Prolet aus Berlin, aber ein netter, lustiger Prolet.
13.11.75 – Region Phedi
Es geht ins nächste Tal hinunter. David geht es schlecht, er muss sich auf Stöcke stützen. Und wir müssen wieder aufsteigen. Die Dörfer werden weniger und wir müssen unsere Etappen nach ihnen ausrichten. Im kleine Ort Sete übernachten wir.
15.11.75 – Maningdingmo
Weiter talauf, talab. In Maningdingmo mache ich wieder eine Ganzkörperwäsche. Kiki hört nach der Fußwäsche auf, zu kalt.
16.11.75 – Region Kharte
Erst gegen 8 kommen wir los, mich regt es auf, dass es morgens immer so lange dauert, besonders David braucht super lange. Wenn ich die beiden antreibe, werden sie böse. Jetzt endlich zweigt der Weg nach Norden ab, direkt in Richtung Everest. Manchmal läuft der Weg durch dichten Rhododendronwald, nachmittags zieht häufig kalter Nebel auf. Schwitzen, frieren, schwitzen….
17.11.75 – Chaunrikarka
In Chaunrikarka finden wir wieder eine Unterkunft mit Fenstern und sogar Kaffee.
18.11.75 – Namche Bazar
Am Dudh Kosi geht es weiter in Richtung Namche Bazar, dem großen Sherpa-Dorf. Das Gehen macht Spaß, auch weil endlich die ersten Himalaya Riesen zu sehen sind. Endlich geht David wieder gut.
Im International Foot and Rest kommen wir unter, zusammen mit 10 anderen Burschen. Alle in einem Raum, in dem wir Feuer machen können.
19.11.75 – Namche
Wolkenloser Himmel über Namche. Frost in der Nacht, aber bald wärmt die Sonne. Am Nachmittag bekommen wir für ein paar Pfennig eine warme Dusche unter freiem Himmel. Das Wasser tröpfelt und ich werde nicht ganz nass, aber das Wasser ist warm.
20.11.75 – Kloster Tengboche
Wir ziehen weiter. Durch Rhododendronwald an einer kleinen Flugpiste vorbei (Shangboche)und dann sehen wir endlich den Everest, noch ganz schön versteckt hinter Nuptse und Lhotse, der Ama Dablam (vorne rechts) sieht viel schöner aus. Über Phunki Bridge geht es weiter bis zum berühmten Kloster Tengboche. Die Nacht wird saukalt und die Nudelsuppe vom Abend kotze ich in der Nacht draußen in die Walachei. Reis ist besser für mich.
22.11.75 – Lobuche
So schön die Tage sind, so beschissen sind die Nächte. Kalt, schlaflos, langweilig. In den Lodges gibt es Lebensmittel zu kaufen, die die Expeditionen zurückgelassen haben. Sie sind zu teuer für uns. Auch Piet, der nette Prolet, der wieder zu uns gestoßen ist, kann sich keine Pfirsiche in der Dose leisten. Die Berge hauen mich um. In Lobuche auf 4900 Metern stehen zwei Hütten, in einer können wir auf dem Boden schlafen. In der Hütte hängt wieder beißender Rauch, von der Yak-Scheiße, die in den offenen Feuer- und Kochstellen verbrannt wird. Schon um 5 Uhr kriechen wir in die Schlafsäcke, wegen der Kälte. 14 Stunden rumliegen.
23.11.75 – Kalar Pattar, 5500 m
Bis auf Piet gehen alle gut. Die Berge um uns rum sind einfach der Hammer. Meine Begeisterung kennt kaum noch Grenzen. Von Gorak Shep geht ein schmaler Pfad bis zum Kalar Pattar (5500 Meter), einem Aussichtsfelsen, direkt gegenüber vom Everest. Unter uns fließt der Khumbu Gletscher. Ich muss immer wieder stehenbleiben und Luft holen. Oben pfeift der Wind, es ist saukalt, aber ich bleibe und schaue mich satt.
David kommt zu mir hoch, Kiki spart sich die letzten Höhenmeter. Wir flippen aus vor lauter Bergglück. Und dann geht es wieder Richtung Heimat, raus aus der Höhe und der Kälte. Es ist so super schön hier oben, aber die Kälte und Schlaflosigkeit machen uns fertig. Wir wandern weiter Richtung Pheriche. David bricht zusammen und rappelt sich doch wieder auf. Am Abend gibt’s 3 Teller Reis für jeden.
26.11.75 – Lukla/Flugpiste
An der Flugpiste von Lukla versuchen wir unser Glück. Statt 14 Tage wieder laufen vielleicht nur 1 Stunde fliegen. Aber unser Geld reicht nicht und Traveller Schecks findet der Airport Manager doof. Und es kommt auch gar kein Flugzeug. Rund um die Piste liegen Flugzeuge, die die schmale Schotterpiste nicht getroffen haben. Wir legen uns an der Piste in die Sonne und rauchen Gaida Zigaretten.
27.11.75 – Kathmandu
Unsere Schecks stehen heute höher im Kurs, wir bekommen Tickets und können unser Glück kaum fassen. Wir fliegen exakt über unseren Hinweg, sehen sogar die Cheese Factory von oben. Per Taxi fahren wir zu unserem Bus, der wohlbehalten neben unserem kleinen Hotel steht. Da dürfen wir duschen, kalt. Danach sitzen wir wieder in der Sonne und gehen durch die Freak Street zum Essen. Wir hatten uns mehr zugetraut. Nach zwei Stücken Kuchen und einer Pizza bin ich voll. Am Bus machen wir uns noch heiße Milch und dann legen wir uns hin, wir glauben wir liegen in einem Himmelbett.
28.11.75 – Kathmandu
Wir gehen zur Post und lesen Briefe aus der Heimat (poste restante) – nette Briefe. Dann wieder Kuchen in der German Bakery und anschließend macht Kiki Pizza in der Bratpfanne, 8 Stück. Danach sind wir fix und fertig, wir müssen uns ganz still hinlegen.
02.12.75 – Kathmandu
Wir essen nur, oft im „dont pass me by“. Ich gehe zum Friseur mit Kopf und Oberkörpermassage für 20 Pfennig.
Am Nachmittag sehen wir im Stadion ein Sportfest. Ein Weitspringer will einen Versuch machen, aber die Weitsprunggrube steht voller Zuschauer. Anschließend findet ein Fußballspiel statt. Die Zuschauer lachen die Spieler aus und gehen nach 20 Minuten fast alle nach Hause. Auf dem Rückweg treffen wir auf eine Blaskapelle, total chaotisches Geblase, wir können uns vor Lachen kaum halten. Der Prime Minister ist heute wieder zu Gast bei unserem Hotelbesitzer. Er will wieder Autos kaufen, die aus Europa überführt wurden. Er will eigentlich alles kaufen, nur nicht meine rote Kunstlederjacke.
05.12.75 – Pokhara
Wir fahren 200 Kilometer nach Pokhara und nehmen David wieder mit, auch wenn seine Langsamkeit manchmal nervt. Die Straße ist besser als erwartet, die Berge rücken näher, obwohl Pokhara tiefer liegt und es daher wärmer wird. Pokhara sieht mit seinen kleinen verstreuten Häusern fast romantisch aus, aber schon bald sehen wir, dass es hier von Touristen wimmelt (wir sind auch welche!). Überall kleine Restaurants und Hotels. Wir parken direkt am See. Kleine Jungs mit ihren hellen Stimmchen fragen uns permanent „you want hasch, good one?“ Die Sache nervt.
David schläft diese Nacht nochmal mit im Wagen. Er ist ein netter und komischer Kerl. Er läuft auch bei herrlichem Sonnenschein mit seiner dicken Daunenjacke, in der er fast ganz verschwindet, und seiner Zipfelmütze rum. Dazu steckt er die Hose immer unten in die Socken.
06.12.75 – Pokhara
Ich geh am See waschen, Kiki räumt den Wagen auf und David sitzt in der Sonne und träumt. Anschließend trinke ich die einzige Flasche Hannen Alt, die ich mithatte. Schmeckt nicht besonders, das Star Bier hier ist besser.
Anschließend schwimmen im See, angeln und Pfannekuchen von Kiki.
09.12.75 – Gorakhpur
Wir packen zusammen und fahren los, Richtung Indien. David war gestern schon losgezogen. Es wird wieder heiß und stickig, wir kommen bis Gorakhpur.
11.12.75 – Indien / Delhi
Am Straßenrand immer wieder Elefanten und das Warnschild „better late than never“. Immer wieder nehmen wir im Wagen einen Inder mit, der uns den Weg zeigt. Am Nachmittag erreichen wir das Tourist Camp in Delhi.
12.12.75 – Delhi
Ich gehe in einer Bank Geld tauschen. Es dauert 1 Stunde, obwohl ich der einzige Kunde bin. Gegen 11 Uhr gibt e Mittagessen: Bananen, pro Mann 10-15 Stück. Bananen schmecken uns jeden Tag gleich gut. Mit einem Motorradtaxi (Harley Davidson) fahren wir zum Zoo, er liegt direkt neben dem Alten Fort. Es ist schön im Zoo, die meisten Käfige sind leer, aber auch vor den leeren Käfigen stehen die Inder und staunen. Die weißen Tiger sind beeindruckend, die einzigen auf der Welt – sie machen einen ziemlich müden Eindruck. Danach fahren wir mit einem Taxi, das permanent gegen die Einbahnstraße fährt, zurück.
13.12.75 – Delhi
Erstmal dusche ich heiß. Danach fahren wir ins Zentrum. Kiki kauft sich eine Blockflöte. Zu Hause sitzen wir in der Sonne und essen Eis (Marke Quality) aus kleinen Pappbechern. Kiki immer einige mehr als ich. Danach macht er am Wagen den Ölfilter sauber. Am Abend gibt’s wieder Pfannkuchen mit Pfirsichen.
17.12.75 – Amritsar / Lahore
Gegen halb elf erreichen wir Amritsar. Wir stellen unseren wagen am Bahnhof ab, wir haben wieder einen Platten. Den Wechsel schaffen wir mittlerweile in Minutenschnelle. Wir besuchen den Goldenen Tempel der Sikhs, lassen anschließend den Reifen flicken und fahren in der Dunkelheit Richtung Lahore. Der Kassettenrecorder spielt „wir fahrn…auf der Autobahn“. Wir nehmen einen Pakistani mit, der uns den Weg aus der Stadt zeigt. Es ist Vollmond, die Landschaft sieht schön und geisterhaft aus, sie erinnert uns wieder einmal an „der Herr der Ringe“.
18.12.75 – Afghanistan
Am Mittag fahren wir durch Peschawar, weiter in Richtung Khyber-Pass. Die Einwohner hier tragen alle schwere Waffen, überall sehen wir Militär. Hier am Khyber-Pass sieht es jeden Tag nach Krieg aus.
Am Nachmittag sind wir in Jalalabad. Viele Afghanen, die es sich leisten können, verbringen hier den Winter. Wir laufen durch die Stadt und essen Obst. Ab morgen fahren wir in die Kälte.
19.12.75 – Kabul
Um Kabul herum sind alle Berge weiß, es ist um die Null Grad. Wir parken bei einem kleinen Hotel, gehen essen, probieren Pelzmäntel. Dann kaufen wir uns für 30 Mark ein Weihnachtsgeschenk, einen 50 Tage alten, spindeldürren, kleinen, braunen, süßen Afghanen. Wir nennen ihn Reudi. Er frisst drei rohe Eier und bekommt sofort Dünnschiss.
20.12.75 – Kabul
Der Köter ist nicht stubenrein, nachts wacht man auf und hat einen schrecklichen Geruch in der Nase.
Der Himmel ist grau, es sieht nach Schnee aus. Wir quatschen mit einem Deutschen, der aus Europa kommt und endlich in die Wärme will, nach Goa. 150000 Burschen sollen da über Weihnachten herumhängen, wir sind froh nicht dorthin gefahren zu sein. Gegen 11 Uhr gehen wir auf die Bank, Geld tauschen. Die erste Bank will nicht tauschen, auf der zweiten Bank mache ich bei der Unterschrift den ersten Buchstaben anders als im Pass (kalte Finger), also auch kein Geld. Auf der 3. Bank warten wir zwei Stunden und bekommen dann Afghani.
Am Bus rauchen wir dann eine gute Runde afghanischen Shit, herrlich. Und dann fängt es wie verrückt an zu schneien. Reudi hat in den Wagen geschissen, wir schmeißen ihn in den Schnee. Er zeiht den mickrigen Schwanz ein. Die Nacht scheißt er noch zweimal, jedes Mal müssen wir raus aus dem Schlafsack und stehen mit nackten Füßen im Schnee. Da haben wir uns was eingebrockt.
22.12.75 – Kandahar
Wir packen den Köter ein und fahren los. Nach 10 Minuten kotzt Reudi das erste Mal, nach 15 Minuten das zweit Mal. Er scheint sich nicht wohl zu fühlen. Die Landschaft sieht irre schön aus. Beim Sonnenuntergang sind wir in Kandahar, wir machen Nudeln, als Nachtisch Shit.
Reudi scheißt die Rosinen, die wir ihm geben, in Originalform wieder aus.
24.12.75 – Herat
Heiligabend, gegen 9 Uhr fahren wir Richtung Herat. Es regnet, dann schneit es wieder. Am Abend liegen wir mit drei Afghanen zusammen in einem Raum auf dem Teppich, rauchen einen Joint und trinken Tee.
25.12.75 – Herat
Den ganzen Nachmittag verbringen wir im Türkischen Bad.
26.12.75 – Iran / Maschad
Wir fahren los Richtung Grenze. Die afghanische Station ist nicht besetzt, die Schranke ist offen. Wir überlegen und fahren durch. Zwei Kilometer weiter im Niemandsland holen uns die Grenzbeamten im Jeep ein, bringen uns zurück und filzen jetzt den Bus total. Wir müssen den Bus komplett ausladen und dann stochern die doofen Typen stundenlang in unseren Sachen rum. Sie finden kein Hasch und auch Reudi fällt ihnen nicht auf, obwohl er um unseren Bus herumläuft (tun andere Köter aber auch). Wir schmeißen alles zurück in den Bus, fahren drei Kilometer bis zur persischen Station und da dürfen wir den Wagen wieder ausschütten. Die Jungs hier fühlen sogar, ob unsere Herzen höherschlagen. Reudi ist der geborene blinde Passagier, keiner entdeckt ihn. Ohne Papiere haben wir die beiden schwersten Grenzen geschafft. Am Abend erreichen wir noch Maschhad.
27.12.75 – Kaspische Meer
Reudi gibt seinen Hungerstreik auf. Die schneebedeckten Gebirgszüge strahlen in der Sonne und dann kommt kein Schneesturm, sondern ein Sandsturm. Die Sonne verschwindet, wir kommen nur noch im Schritttempo weiter. Wir kommen ans Kaspische Meer und in die Wärme.
28.12.75 – Im Elburs Gebirge
Die Landschaft ist grün, es gibt herrliche Bananen und Apfelsinen zu kaufen. Im Elburs Gebirge kommt dann wieder der Schnee, links und rechts der Straße meterhohe Schneemauern. Hinter dem Pass liegt ein kleines Skigebiet, wir mieten uns Ski und geben Gas. Auf der Piste fast nur Europäer, wahrscheinlich Diplomaten aus Teheran. Auf einem Tisch an der Piste steht noch eine halbe Weihnachtsgans von irgendwelchen vollgefressenen Typen. Wir packen das Fleisch für Reudi ein, damit bekommen wir ihn bis nach Hause.
In Teheran fährt Kiki fast drei Perser über den Haufen. Unser Wagen verliert Öl, 1 Liter auf 500 Kilometer und der Scheibenwischmotor ist auch hin. Aber für Reparaturen fehlt uns das Geld und der Nerv.
30.12.75 – Am Ararat
Am Ararat liegen gewaltige Schneemassen. Hin und wieder rast ein Fernlaster auf uns zu, auf spiegelglatter Fahrbahn. Die Landschaft ist unwirklich schön aber es wird immer kälter. Vorne im Wagen geht es, aber hinten friert das Wasser in den Kanistern. Reudi muss bei Kiki mit in den Schlafsack.
31.12.75 – Richtung Ankara
Wir fahren weiter Richtung Ankara, unsere Silvesterfeier fällt bescheiden aus, fällt eigentlich ganz aus. Ich trinke in einer Fernfahrerkneipe ein türkisches Bier.
01.01.76 – 100 Kilometer vor Istanbul
Die Batterie ist leer, das Öl läuft aus und wir haben schlechte Stimmung. Zwei Türken helfen uns die Karre flott zu bekommen.
100 Kilometer vor Istanbul ist Schluss mit Schnee. Die Kiste läuft, wir kommen über den Bosporus. Istanbul interessiert uns nicht weiter, wir fahren weiter und halten erst kurz vor Sophia.
02.01.76 – Österreich / Wurzenpass
Keiner sagt es, aber es drängt uns nach Hause und wir fahren, was die Kiste hergibt. Mitten in der Nacht erreichen wir den Wurzenpass.
03.01.76 – Prägraten /Osttirol
Die österreichischen Grenzer nehmen eine Leibesvisitation vor und sie entdecken Reudi, den wir unter Schlafsäcken versteckt haben. Sie wollten Rauschgift finden und dann nur ein Köter, sie lassen uns fahren. Kurz vor 7 sind wir in Prägraten (Osttirol) bei Familie Mair. Herr Mair rasiert sich am Waschbecken in der Küche, Frau Mair ist schon in der Kirche. Danach wirft sie uns ein gewaltiges Frühstück.
04.01.76 – Bad Godesberg
Bei Schneefall fahren wir am Vormittag los. Kiki fährt bis Nürnberg, ich schlafe hinten. Einmal rast Kiki von der Autobahn eine Böschung runter und dann auf ein Feld. Er hatte Reudi zum Spielen ins Lenkrad gesetzt. Um Mitternacht sind wir in Bad Godesberg und zurück am Rhein.
Interner Link:
Marathon am Everest:
Hier gibt es noch weitere Reisegeschichten von mir:
https://www.rowohlt.de/buch/mikka-bender-is-nebensaison-da-wird-nicht-mehr-geputzt-9783644444614