Bevor der südamerikanische Kontinent am Kap Horn im Meer versinkt, zeigt er sich von seiner wildesten und spektakulärsten Seite. Chile und Argentinien teilen sich hier – im wilden Patagonien – die Pampa, die Anden, die Flüsse, Seen und Gletscher.
Neun Freunde aus Jamaika, Österreich, Irland und Indien wollen mit meinem Bruder Andreas, meinem Sohn Philipp und mir 11 Tage ohne Ende Staub schlucken und als Gegenleistung diese Traumlandschaften kennenlernen.
Die Route: ca. 4000 Kilometer
Rio Gallegos/Argentinien – Puerto Natales/Chile – Torres del Peine Nationalpark – Calafate/Argentinien – Perito Moreno Gletscher im Nationalpark Los Glaciares – Estancia La Angostura – Baja Caracoles – Paso Roballo/Chile – Carretera Austral am Rio Baker – Lago General Carrera – Caleta Tortel – Coyhaique – Puerto Puyuhuapi – Esquel/Argentinien – San Carlos de Bariloche.
Tag 1:
Treffpunkt Flughafen Rio Gallegos: Wir verstauen unser Gepäck, verteilen uns auf die Pickups (Toyota Hilux) und dann gibt Andreas den Startschuss. Er durchstreift seit 40 Jahren die entlegensten Regionen unserer Erde, per Kleinflugzeug, Motorrad, Jeep, Pickup oder zu Fuß.
Patagonien kennt er wie seine Westentasche.
4000 Kilometer durch Patagonien – auf den Spuren von Pionieren und Entdeckern stehen auf dem Programm.
Je weiter die Fahrt nach Westen geht, desto grüner wird die Landschaft. Im Süden liegen Magallanstraße und Feuerland, im Westen die unwegsamen Fjorde Südchiles.
Hinter der einsamen Grenzstation beginnt die chilenische Provinz Ultima Esperanza und da führt die Straße buchstäblich ans Ende der Welt. Die Hafenstadt Puerto Natales wurde vor gerade einmal 100 Jahren gegründet.
Zu Ehren der Volksheiligen Difunta Correa legen viele Fahrer an solchen Gedenkstätten Wasserflaschen nieder.
Der Legende nach soll Difunta Correa auf der Suche nach ihrem Mann in der Wüste verdurstet sein. Ihr Kind überlebte dank ihrer Muttermilch.
Von Puerto Natales führt eine Piste in nordwestlicher Richtung bis zu einer monumentalen Höhle, die von Wasser und Gletschereis geformt wurde.
Die Cueva del Milodón diente vor Jahrtausenden Menschen als Unterschlupf. Hier fand der deutsche Abenteurer Hermann Eberhard Überreste eines prähistorischen Riesenfaultiers.
Durch dünn besiedeltes Farmland, das maximal Schaf- und Rinderzucht zulässt, geht die Fahrt weiter, bis am Abend der kleine Gasthof Tres Pasos erreicht ist.
Tag 2:
Ein Ruhetag ist eingeplant. Einmal nicht im Flugzeug oder Pickup sitzen, sondern die frische Luft Patagoniens in vollen Zügen genießen, und ein Asado. Die Bewohner Patagoniens lieben ihr Asado – ihr Festmahl mit gegrilltem Fleisch. Das Asado con cuero – also das Gegrillte mit Haut – steht besonders hoch im Kurs. Auf dem Holzkohlengrill schön knusprig gebraten und manchmal auch schön fettig.
Genau richtig für Errol, unseren Mann aus Kingston, Jamaika.
Beilagen spielen auf dem Speisezettel hier im Süden nur eine untergeordnete Rolle. Die ganze Aufmerksamkeit gilt dem Grillfleisch und einem guten argentinischen Rotwein dazu.
Tag 3:
Eine lange Fahretappe durch großartige Landschaften steht heute auf dem Programm. Die Anden rücken näher. In der klaren und trockenen Luft beträgt die Sicht jetzt bis zu 100 Kilometern. Der Sturm faucht über die Hochflächen. Auch jetzt im chilenischen Sommer liegen die Temperaturen nur bei 10 Grad plus und der Wind Chill Effekt verstärkt das Kälteempfinden massiv.
Auf einer Offroad-Piste geht’s mitten hinein in den wilden und unzugänglichen Torres del Peine Nationalpark.
Hochflächen, Fels, Schnee und eine unglaubliche Vielzahl an Bergseen prägen das Bild.
Die Pisten werden rauer, das Fahren bleibt entspannt, weil praktisch kein Verkehr herrscht.
Torres del Paine – Türme des blauen Himmels.
Der Wind peitscht jetzt mit über 120 Stundenkilometer über die Hochflächen. Gischt treibt selbst über die kleinsten Seen.
Rund um die bis 3000 Meter hohen Granittürme des zentralen Massivs brodelt die Wetterküche.
Hunderttausende von wild lebenden Guanakos fühlen sich hier richtig wohl, denn sie haben ein dickes Fell und finden in der kargen Vegetation die passende Nahrung.
Nach 10 Stunden Fahrt auf unwegsamen Pisten mit erneutem Grenzübertritt wird auf direktem Weg La Tablita in Calafate angesteuert, das als bestes Steakhaus in ganz Patagonien gilt.
Wer die Region bereist, kommt an diesem Fleischtempel einfach nicht vorbei. Da es tagsüber selten etwas zu essen gibt, dürfen es am Abend mal 750 Gramm Steaks sein
Tag 4:
Entlang des Lago Argentino führt die Straße 100 Kilometer in südwestlicher Richtung bis zum Perito Moreno Gletscher im Nationalpark Los Glaciares.
Wie der Name schon sagt: dieser Nationalpark ist geprägt von gewaltigen Gletschern.
Der Perito Moreno schiebt sich unaufhörlich in den Lago Argentino, der nur knapp 200 Meter über dem Meeresspiegel liegt.
Die Abbruchkante des Gletschers misst bis zu 100 Metern. Er fließt aus dem Patagonischen Inlandeis, der nach den Polregionen größten Eismasse der Welt, stündlich mit einer Geschwindigkeit von 1 bis 2 Zentimetern in den See.
Eine Besonderheit des Perito Moreno: er ist nicht wie die meisten anderen Gletscher auf dem Rückzug. Ganz im Gegenteil, er wächst jährlich weiter an.
Tag 5:
Auf der legendären über 5000 Kilometer langen Ruta Nacional 40 geht die Fahrt nach Norden. Mitten durch die argentinische Pampa bis zum Tagesziel, der Estancia La Angostura.
Die Ruta 40 ist nur auf einigen Abschnitten gut ausgebaut, oftmals ist Staubpiste angesagt.
Die Pickups eignen sich bestens für die Tour, denn sie sind robust, gut gefedert und auch für lange Strecken ausreichend bequem.
Die Estancia La Angostura bietet weit und breit die einzige Unterkunft an, mit Mehrbettzimmern allerdings.
Die Farm liegt in einer großen Senke, auch hier wird extensive Landwirtschaft mit Schaf und Rinderzucht betrieben.
Kein Wunder, dass ein weiteres Asado auf uns wartet.
Viele Farmen in Patagonien erschließen sich eine zusätzliche Einnahmequelle, in dem sie Kost und Logis anbieten.
Tag 6:
Eine lange Etappe wartet heute auf uns. Zunächst weiter auf der Ruta 40 nach Norden und dann in westlicher Richtung, wieder die Grenze nach Chile überquerend.
Zwangstankstopp in Baja Caracoles.
Der Ort ist in jeder Landkarte verzeichnet und besteht doch nur aus einer Tankstelle.
Der clevere Besitzer betreibt am selben Ort zusätzlich ein Hotel und einen Laden, der auch als Kneipe und Restaurant dient.
Und jeder, der sich auf der Piste ein Problem eingehandelt hat, kann sich hier an die Reparatur machen.
Wer hier unterwegs ist, muss sehr genau wissen, wo er seinen Sprit bekommt. Tankstellen sind rar gesät.
Die Anden rücken wieder näher, die Landschaft wird noch einsamer und unwegsamer.
Ohne ausreichende eigene Ortskenntnisse und gutes Kartenmaterial sollte sich niemand hierher wagen. Fremde Hilfe kann man nicht erwarten, denn die Gegend ist nahezu menschenleer und Handys bleiben stumm.
Und wieder heißt es Adios Argentina. Was für eine Gott verlassene Grenzstation, Patagonien eben!
Dafür erledigt der diensthabende Beamte seinen Job mit größter Akribie. Die Autos müssen offiziell ausgeführt werden. Gut, dass hier kein Andrang herrscht.
Zum Abschied wird gewunken – auch nicht alltäglich an einer Grenze.
Es ist eiskalt, Schneeregen peitscht über den Paso Roballo. Aber schon wenige Kilometer Tal auswärts klart es langsam auf.
Zeit für eine Cola, mit oder ohne Jamaika Rum.
Noch ein paar Kilometer und dann ist die Carretera Austral am Rio Baker erreicht. Die Straße, die auf 1400 Kilometern den unzugänglichsten Teil Südchiles erschließt.
Die Carretera Austral befindet sich seit mehr als 40 Jahren im Bau.
Das über 4000 Kilometer lange Chile investiert Milliarden, um diese Anden- und Fjordregion urbar und wirtschaftlich nutzbar zu machen.
Ein landschaftliches Highlight jagt das nächste. Spektakuläre Fotomotive gibt es iin vielen Teilen Patagoniens im Minutentakt.
Hinter diesen Bergen versteckt sich das Campo de Hielo Norte, ein 120 Kilometer langer Eispanzer.
Nach 12 Stunden Fahrt ist die Unterkunft El Mirador de Guadal erreicht.
Ein langer Tag geht in der Abendsonne am Lago General Carrera zu Ende.
Der See ist viermal größer als der Bodensee und bis zu 600 Meter tief.
Tag 7:
Von Puerto Guadal geht es in südlicher Richtung bis zum Tagesziel Caleta Tortel – eine Pionierstadt im wilden chilenischen Fjordland.
Extrem viel Niederschlag und kühle Temperaturen prägen das Klima. Patagonien zeigt wieder ein neues Gesicht.
Die viele hundert Jahre alten Regenwälder weisen hier immer größere Lücken auf. Die Holzwirtschaft schlägt gnadenlos zu.
Caleta Tortel ist zwar schon etwa 100 Jahre alt, konnte aber lange Zeit nur vom Meer aus erreicht werden.
Holzstege führen um die Bucht und zu den einzelnen Häusern.
Straßen gibt es nicht.
Dank der Carretera Austral finden mittlerweile auch Individualreisende den Ort und haben ein paar bescheidene Restaurants und Unterkünfte entstehen lassen.
Die Einheimischen bieten mit kleinen Holzbooten Ausflüge in die Fjordlandschaft an.
Schon vor über 100 Jahren ließ der „Zypressenkönig“ Ciriaco Alvarez hier den Primärwald abholzen, um aus dem eisenharten Zypressenholz Eisenbahnschwellen fertigen zu lassen. 100 seiner Holzfäller sind auf dieser „Insel der Toten“ begraben.
Alvarez wollte ihnen ihren wohlverdienten Lohn nicht zahlen. Er ließ sie kurzerhand umbringen und an diesem traurigen Ort verscharren.
Tag 8:
Ab jetzt führt die Route nur noch nach Norden. 465 Kilometer warten an diesem Tag auf uns.
Und viel Staub. Die Pisten werden hier Jahre lang eingefahren, bevor eine Teerschicht für endgültige Stabilität sorgt.
1976 begann der Bau der Straße. Diktator Pinochet setzte 10.000 Soldaten als zusätzliche Hilfskräfte ein. Die gesamte Region war bis dahin nur aus der Luft erreichbar, oder per Schiff und wochenlanger Wanderung.
Am westlichen Ufer des Lago General Carrera, der von zahllosen Gletscherbächen und Flüssen gespeist wird, entwickelt sich im chilenischen Frühsommer, also im November und Dezember, eine unglaubliche Lupinenpracht.
Eigentlich sind diese Landschaften viel zu schön, um nur mit dem Auto hindurchzufahren.
Wer die Gegend allerdings erwandern möchte, muss ganz viel Zeit mitbringen und kann sich nur auf einzelne Regionen beschränken.
Weiter gen Norden führt die Piste wieder durch unwegsames Gelände, das von Farmern noch nicht in Besitz genommen wurde.
Erst in der Nähe von Coyhaique, dem Land „zwischen den Wassern“, wie die Indianer diesen Ort nannten, weitet sich das Tal.
Die Stadt Coyhaique dient heute als Servicestation für die gesamte Region an der Carretera Austral.
Tag 9:
Die Route führt weiter nach Norden. Das Klima wird milder und
der Wind schläft ein.
Mittlerweile hat sich das Wageninnere für alle zur zweiten Heimat entwickelt.
Puerto Puyuhuapi liegt am Ende eines Fjords und sieht noch heute wie ein Pionierdorf aus dem Bilderbuch aus. In den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts gründeten 4 Sudetendeutsche Junggesellen diesen Ort, damals noch wirklich „am Ende der Welt“.
Im Cafe Rossbach geht es bis heute urdeutsch zu.
Wenige Kilometer entfernt, unterhalb der Carretera Austral, liegt die Hosteria Cabanas El Pangue.
Ein perfekter Kontrast zu den staubigen Pisten, unglaublich idyllisch und restlos ruhig gelegen.
Der erste Tag auf der Tour mit sommerlichen Temperaturen.
Tag 10:
Das heutige Ziel Esquel liegt nochmals 370 Kilometer weiter nördlich.
Auf dieser Etappe sehen die Anden unseren Alpen täuschend ähnlich.
Die Route wendet sich nach Osten, weg vom Fjordland, mitten durch die Anden und hinein in Täler, in denen riesige Estancien liegen, die auch den europäischen Markt mit Fleisch versorgen.
Der abenteuerliche Teil der Route ist geschafft, ein letztes Mal muss die Grenze nach Argentinien überquert werden.
Gepäckkontrolle: fragt sich nur, was man außer jamaikanischem Rum hier hätte schmuggeln können.
Die Pampa ist wieder erreicht. Kilometer fressen und fahren wie auf der Autobahn, erst in der Dämmerung ist Esquel erreicht.
Tag 11:
Die letzten gut 200 Kilometer führen direkt zum Flughafen von San Carlos de Bariloche.
Eine großartige Reise durch Patagonien geht zu Ende. Wir haben uns gut vertragen und das lag nicht nur am jamaikanischen Rum.
Patagonien ist viele Reisen wert! Und ganz sicher nicht nur per Pickup. Auch wer gut zu Fuß ist, die Einsamkeit und Einfachheit liebt, findet in Patagonien sein Paradies!
Hier noch ein interner Link für Menschen mit großem Fernweh!
Traumroute
Bevor der südamerikanische Kontinent am Kap Horn im Meer versinkt, zeigt er sich von seiner wildesten und spektakulärsten Seite. Chile und Argentinien teilen sich hier – im wilden Patagonien – die Pampa, die Anden, die Flüsse, Seen und Gletscher.
Neun Freunde aus Jamaika, Österreich, Irland und Indien wollen mit meinem Bruder Andreas, meinem Sohn Philipp und mir 11 Tage ohne Ende Staub schlucken und als Gegenleistung diese Traumlandschaften kennenlernen.
Die Route: ca. 4000 Kilometer
Rio Gallegos/Argentinien – Puerto Natales/Chile – Torres del Peine Nationalpark – Calafate/Argentinien – Perito Moreno Gletscher im Nationalpark Los Glaciares – Estancia La Angostura – Baja Caracoles – Paso Roballo/Chile – Carretera Austral am Rio Baker – Lago General Carrera – Caleta Tortel – Coyhaique – Puerto Puyuhuapi – Esquel/Argentinien – San Carlos de Bariloche.
Tag 1:
Treffpunkt Flughafen Rio Gallegos: Wir verstauen unser Gepäck, verteilen uns auf die Pickups (Toyota Hilux) und dann gibt Andreas den Startschuss. Er durchstreift seit 40 Jahren die entlegensten Regionen unserer Erde, per Kleinflugzeug, Motorrad, Jeep, Pickup oder zu Fuß.
Patagonien kennt er wie seine Westentasche.
4000 Kilometer durch Patagonien – auf den Spuren von Pionieren und Entdeckern stehen auf dem Programm.
Je weiter die Fahrt nach Westen geht, desto grüner wird die Landschaft. Im Süden liegen Magallanstraße und Feuerland, im Westen die unwegsamen Fjorde Südchiles.
Hinter der einsamen Grenzstation beginnt die chilenische Provinz Ultima Esperanza und da führt die Straße buchstäblich ans Ende der Welt. Die Hafenstadt Puerto Natales wurde vor gerade einmal 100 Jahren gegründet.
Zu Ehren der Volksheiligen Difunta Correa legen viele Fahrer an solchen Gedenkstätten Wasserflaschen nieder.
Der Legende nach soll Difunta Correa auf der Suche nach ihrem Mann in der Wüste verdurstet sein. Ihr Kind überlebte dank ihrer Muttermilch.
Von Puerto Natales führt eine Piste in nordwestlicher Richtung bis zu einer monumentalen Höhle, die von Wasser und Gletschereis geformt wurde.
Die Cueva del Milodón diente vor Jahrtausenden Menschen als Unterschlupf. Hier fand der deutsche Abenteurer Hermann Eberhard Überreste eines prähistorischen Riesenfaultiers.
Durch dünn besiedeltes Farmland, das maximal Schaf- und Rinderzucht zulässt, geht die Fahrt weiter, bis am Abend der kleine Gasthof Tres Pasos erreicht ist.
Tag 2:
Ein Ruhetag ist eingeplant. Einmal nicht im Flugzeug oder Pickup sitzen, sondern die frische Luft Patagoniens in vollen Zügen genießen, und ein Asado. Die Bewohner Patagoniens lieben ihr Asado – ihr Festmahl mit gegrilltem Fleisch. Das Asado con cuero – also das Gegrillte mit Haut – steht besonders hoch im Kurs. Auf dem Holzkohlengrill schön knusprig gebraten und manchmal auch schön fettig.
Genau richtig für Errol, unseren Mann aus Kingston, Jamaika.
Beilagen spielen auf dem Speisezettel hier im Süden nur eine untergeordnete Rolle. Die ganze Aufmerksamkeit gilt dem Grillfleisch und einem guten argentinischen Rotwein dazu.
Tag 3:
Eine lange Fahretappe durch großartige Landschaften steht heute auf dem Programm. Die Anden rücken näher. In der klaren und trockenen Luft beträgt die Sicht jetzt bis zu 100 Kilometern. Der Sturm faucht über die Hochflächen. Auch jetzt im chilenischen Sommer liegen die Temperaturen nur bei 10 Grad plus und der Wind Chill Effekt verstärkt das Kälteempfinden massiv.
Auf einer Offroad-Piste geht’s mitten hinein in den wilden und unzugänglichen Torres del Peine Nationalpark.
Hochflächen, Fels, Schnee und eine unglaubliche Vielzahl an Bergseen prägen das Bild.
Die Pisten werden rauer, das Fahren bleibt entspannt, weil praktisch kein Verkehr herrscht.
Torres del Paine – Türme des blauen Himmels.
Der Wind peitscht jetzt mit über 120 Stundenkilometer über die Hochflächen. Gischt treibt selbst über die kleinsten Seen.
Rund um die bis 3000 Meter hohen Granittürme des zentralen Massivs brodelt die Wetterküche.
Hunderttausende von wild lebenden Guanakos fühlen sich hier richtig wohl, denn sie haben ein dickes Fell und finden in der kargen Vegetation die passende Nahrung.
Nach 10 Stunden Fahrt auf unwegsamen Pisten mit erneutem Grenzübertritt wird auf direktem Weg La Tablita in Calafate angesteuert, das als bestes Steakhaus in ganz Patagonien gilt.
Wer die Region bereist, kommt an diesem Fleischtempel einfach nicht vorbei. Da es tagsüber selten etwas zu essen gibt, dürfen es am Abend mal 750 Gramm Steaks sein
Tag 4:
Entlang des Lago Argentino führt die Straße 100 Kilometer in südwestlicher Richtung bis zum Perito Moreno Gletscher im Nationalpark Los Glaciares.
Wie der Name schon sagt: dieser Nationalpark ist geprägt von gewaltigen Gletschern.
Der Perito Moreno schiebt sich unaufhörlich in den Lago Argentino, der nur knapp 200 Meter über dem Meeresspiegel liegt.
Die Abbruchkante des Gletschers misst bis zu 100 Metern. Er fließt aus dem Patagonischen Inlandeis, der nach den Polregionen größten Eismasse der Welt, stündlich mit einer Geschwindigkeit von 1 bis 2 Zentimetern in den See.
Eine Besonderheit des Perito Moreno: er ist nicht wie die meisten anderen Gletscher auf dem Rückzug. Ganz im Gegenteil, er wächst jährlich weiter an.
Tag 5:
Auf der legendären über 5000 Kilometer langen Ruta Nacional 40 geht die Fahrt nach Norden. Mitten durch die argentinische Pampa bis zum Tagesziel, der Estancia La Angostura.
Die Ruta 40 ist nur auf einigen Abschnitten gut ausgebaut, oftmals ist Staubpiste angesagt.
Die Pickups eignen sich bestens für die Tour, denn sie sind robust, gut gefedert und auch für lange Strecken ausreichend bequem.
Die Estancia La Angostura bietet weit und breit die einzige Unterkunft an, mit Mehrbettzimmern allerdings.
Die Farm liegt in einer großen Senke, auch hier wird extensive Landwirtschaft mit Schaf und Rinderzucht betrieben.
Kein Wunder, dass ein weiteres Asado auf uns wartet.
Viele Farmen in Patagonien erschließen sich eine zusätzliche Einnahmequelle, in dem sie Kost und Logis anbieten.
Tag 6:
Eine lange Etappe wartet heute auf uns. Zunächst weiter auf der Ruta 40 nach Norden und dann in westlicher Richtung, wieder die Grenze nach Chile überquerend.
Zwangstankstopp in Baja Caracoles.
Der Ort ist in jeder Landkarte verzeichnet und besteht doch nur aus einer Tankstelle.
Der clevere Besitzer betreibt am selben Ort zusätzlich ein Hotel und einen Laden, der auch als Kneipe und Restaurant dient.
Und jeder, der sich auf der Piste ein Problem eingehandelt hat, kann sich hier an die Reparatur machen.
Wer hier unterwegs ist, muss sehr genau wissen, wo er seinen Sprit bekommt. Tankstellen sind rar gesät.
Die Anden rücken wieder näher, die Landschaft wird noch einsamer und unwegsamer.
Ohne ausreichende eigene Ortskenntnisse und gutes Kartenmaterial sollte sich niemand hierher wagen. Fremde Hilfe kann man nicht erwarten, denn die Gegend ist nahezu menschenleer und Handys bleiben stumm.
Und wieder heißt es Adios Argentina. Was für eine Gott verlassene Grenzstation, Patagonien eben!
Dafür erledigt der diensthabende Beamte seinen Job mit größter Akribie. Die Autos müssen offiziell ausgeführt werden. Gut, dass hier kein Andrang herrscht.
Zum Abschied wird gewunken – auch nicht alltäglich an einer Grenze.
Es ist eiskalt, Schneeregen peitscht über den Paso Roballo. Aber schon wenige Kilometer Tal auswärts klart es langsam auf.
Zeit für eine Cola, mit oder ohne Jamaika Rum.
Noch ein paar Kilometer und dann ist die Carretera Austral am Rio Baker erreicht. Die Straße, die auf 1400 Kilometern den unzugänglichsten Teil Südchiles erschließt.
Die Carretera Austral befindet sich seit mehr als 40 Jahren im Bau.
Das über 4000 Kilometer lange Chile investiert Milliarden, um diese Anden- und Fjordregion urbar und wirtschaftlich nutzbar zu machen.
Ein landschaftliches Highlight jagt das nächste. Spektakuläre Fotomotive gibt es iin vielen Teilen Patagoniens im Minutentakt.
Hinter diesen Bergen versteckt sich das Campo de Hielo Norte, ein 120 Kilometer langer Eispanzer.
Nach 12 Stunden Fahrt ist die Unterkunft El Mirador de Guadal erreicht.
Ein langer Tag geht in der Abendsonne am Lago General Carrera zu Ende.
Der See ist viermal größer als der Bodensee und bis zu 600 Meter tief.
Tag 7:
Von Puerto Guadal geht es in südlicher Richtung bis zum Tagesziel Caleta Tortel – eine Pionierstadt im wilden chilenischen Fjordland.
Extrem viel Niederschlag und kühle Temperaturen prägen das Klima. Patagonien zeigt wieder ein neues Gesicht.
Die viele hundert Jahre alten Regenwälder weisen hier immer größere Lücken auf. Die Holzwirtschaft schlägt gnadenlos zu.
Caleta Tortel ist zwar schon etwa 100 Jahre alt, konnte aber lange Zeit nur vom Meer aus erreicht werden.
Holzstege führen um die Bucht und zu den einzelnen Häusern.
Straßen gibt es nicht.
Dank der Carretera Austral finden mittlerweile auch Individualreisende den Ort und haben ein paar bescheidene Restaurants und Unterkünfte entstehen lassen.
Die Einheimischen bieten mit kleinen Holzbooten Ausflüge in die Fjordlandschaft an.
Schon vor über 100 Jahren ließ der „Zypressenkönig“ Ciriaco Alvarez hier den Primärwald abholzen, um aus dem eisenharten Zypressenholz Eisenbahnschwellen fertigen zu lassen. 100 seiner Holzfäller sind auf dieser „Insel der Toten“ begraben.
Alvarez wollte ihnen ihren wohlverdienten Lohn nicht zahlen. Er ließ sie kurzerhand umbringen und an diesem traurigen Ort verscharren.
Tag 8:
Ab jetzt führt die Route nur noch nach Norden. 465 Kilometer warten an diesem Tag auf uns.
Und viel Staub. Die Pisten werden hier Jahre lang eingefahren, bevor eine Teerschicht für endgültige Stabilität sorgt.
1976 begann der Bau der Straße. Diktator Pinochet setzte 10.000 Soldaten als zusätzliche Hilfskräfte ein. Die gesamte Region war bis dahin nur aus der Luft erreichbar, oder per Schiff und wochenlanger Wanderung.
Am westlichen Ufer des Lago General Carrera, der von zahllosen Gletscherbächen und Flüssen gespeist wird, entwickelt sich im chilenischen Frühsommer, also im November und Dezember, eine unglaubliche Lupinenpracht.
Eigentlich sind diese Landschaften viel zu schön, um nur mit dem Auto hindurchzufahren.
Wer die Gegend allerdings erwandern möchte, muss ganz viel Zeit mitbringen und kann sich nur auf einzelne Regionen beschränken.
Weiter gen Norden führt die Piste wieder durch unwegsames Gelände, das von Farmern noch nicht in Besitz genommen wurde.
Erst in der Nähe von Coyhaique, dem Land „zwischen den Wassern“, wie die Indianer diesen Ort nannten, weitet sich das Tal.
Die Stadt Coyhaique dient heute als Servicestation für die gesamte Region an der Carretera Austral.
Tag 9:
Die Route führt weiter nach Norden. Das Klima wird milder und
der Wind schläft ein.
Mittlerweile hat sich das Wageninnere für alle zur zweiten Heimat entwickelt.
Puerto Puyuhuapi liegt am Ende eines Fjords und sieht noch heute wie ein Pionierdorf aus dem Bilderbuch aus. In den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts gründeten 4 Sudetendeutsche Junggesellen diesen Ort, damals noch wirklich „am Ende der Welt“.
Im Cafe Rossbach geht es bis heute urdeutsch zu.
Wenige Kilometer entfernt, unterhalb der Carretera Austral, liegt die Hosteria Cabanas El Pangue.
Ein perfekter Kontrast zu den staubigen Pisten, unglaublich idyllisch und restlos ruhig gelegen.
Der erste Tag auf der Tour mit sommerlichen Temperaturen.
Tag 10:
Das heutige Ziel Esquel liegt nochmals 370 Kilometer weiter nördlich.
Auf dieser Etappe sehen die Anden unseren Alpen täuschend ähnlich.
Die Route wendet sich nach Osten, weg vom Fjordland, mitten durch die Anden und hinein in Täler, in denen riesige Estancien liegen, die auch den europäischen Markt mit Fleisch versorgen.
Der abenteuerliche Teil der Route ist geschafft, ein letztes Mal muss die Grenze nach Argentinien überquert werden.
Gepäckkontrolle: fragt sich nur, was man außer jamaikanischem Rum hier hätte schmuggeln können.
Die Pampa ist wieder erreicht. Kilometer fressen und fahren wie auf der Autobahn, erst in der Dämmerung ist Esquel erreicht.
Tag 11:
Die letzten gut 200 Kilometer führen direkt zum Flughafen von San Carlos de Bariloche.
Eine großartige Reise durch Patagonien geht zu Ende. Wir haben uns gut vertragen und das lag nicht nur am jamaikanischen Rum.
Patagonien ist viele Reisen wert! Und ganz sicher nicht nur per Pickup. Auch wer gut zu Fuß ist, die Einsamkeit und Einfachheit liebt, findet in Patagonien sein Paradies!
Hier noch ein interner Link für Menschen mit großem Fernweh!
Überland nach Kathmandu
Und ein Link zu einem sehr lesenswertes Buch über Patagonien. Carmen Rohrbach schreibt generell lesenswerte Bücher!
https://www.piper.de/buecher/patagonien-isbn-978-3-492-40387-0