Ich habe das Buch – „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“– vor vielen Jahren gelesen. Sicherlich keine große Literatur, aber in diesen düsteren Tagen aktueller denn je. Wie ganz persönlich umgehen mit Krieg und Verbrechen? Wie persönlich agieren, wenn ein Machthaber alle Werte des menschlichen Mieinanders verachtet und auszulöschen versucht?
Die Geologen und Freunde Henno Martin und Hermann Korn verließen 1935 Nazi-Deutschland, um in Südwest-Afrika (Namibia) zu forschen und unter anderem Wasservorkommen für die örtlichen Farmer zu erkunden. Aus Angst und Abscheu vor den Nazis, vor dem Zweiten Weltkrieg generell, mit möglicher Einberufung oder Internierung, flohen die Beiden in die Namib Wüste. Sie setzten damit ihre Ansage „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ in die Tat um. Von 1940 bis 1942 dauerten ihr Kampf, Überleben und Verstecken. Zusammen mit ihrem Hund Otto errichteten sie sich dreimal eine neue Behausung. Sie bestanden unzählige kleine und große Abenteuer und kapitulierten erst, als Hermann schwer erkrankte.
Der Autor, Henno Martin, schreibt über das Leben und Überleben in der Wüste vollkommen unaufgeregt. Seine Sprache ist nicht sonderlich gewandt, manchmal fast schlicht und häufig ziemlich nachdenklich und ehrlich. Henno Martin erzählt über ein zweijähriges Überleben im totalen Outback und dem Leser wird wie beiläufig „untergejubelt,“ wie groß und lebensbedrohlich dieses Abenteuer tatsächlich war.
Mich beeindrucken auch:
Die zu Papier gebrachten Gedanken über die menschliche Entwicklung.
Die exakten und ausführlichen Beschreibungen aller Naturphänomene, denen die Beiden begegnen.
Gleiches gilt für Beschreibungen des alltäglichen Tuns wie Jagen, Fischen, Wasser suchen, dem Wetter trotzen..
Die Beiden wurden nach ihrer Aufgabe in der anschließenden Gerichtsverhandlung in Windhoek lediglich wegen einiger Lappalien wie Jagen ohne Waffenschein und Hundehaltung ohne Zahlung der Hundesteuer zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt. Das macht die ganze Geschichte noch „verrückter“.
„Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“
von: Henno Martin / 1. Taschenbuchausgabe von two books 2002 / 8. Auflage 2013
Umschlaggestaltung: Tom Otten, unter Verwendung des Originaltagebuchs von Henno Martin 19451/42 und einer Fotographie von Hermann Korn.
Hier drei kleine Leseproben:
Seite 16/17
„…In dieser von Hysterie erfüllten Kriegsatmosphäre konnte auch ein Wissenschaftler kaum hoffen, sich einen klaren Kopf zu bewahren . Aber wir, mein Freund Korn und ich, waren der Meinung, dies sei nicht unser Krieg. Wir hatten ihn lange vorher herankommen sehen und hatten aus diesem Grunde Europa verlassen. Wir wollten keinen Teil haben an dem Selbstmórd zivilisierter Völker.
Nun aber schien der Krieg selbst uns einzuholen. Immer mehr Deutsche verschwanden hinter dem Stacheldraht der Internierungslager. Jeden Tag konnte uns das gleiche Schicksal ereilen. Das war ein mehr als grausiger Gedanke für zwei Männer, die gewohnt waren, forschend die Einsamkeit von Wüsten und Steppen zu durchstreifen. Wir waren entschlossen, uns unsere persönliche Neutralität und unsere Selbstständigkeit zu bewahren. Eines Abends besprachen wir, auf der Steintreppe unserer Wohnung sitzend, die Situation. Was konnten wir tun? Und dann war da plötzlich ein Gedanke, den früher einmal einer von uns im Scherz geäußert hatte. „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste…““
Seite 57/58
…“Auch als Hermann sich am nächsten Morgen mit der Pistole auf die Felsplatte über dem Bullenteich legte, sagte ich nichts. Ich verstand Hermann ja. Ein paarmal sah ich ihn zielen und wieder absetzen. Dann knallte der Schuss, und als das Wasser und der aufgeregt hin und her rennende Otto sich beruhigt hatten, trieb ein silbernschimmernder Bauch auf dem dunklen Kolk. Der gut vierpfündige Karpfen war sauber durch das Genick geschossen. Knusprig gebraten, schmeckte er uns wie Marzipan und Schlagsahne. Wir verzehrten ihn auf einen Sitz und leckten sogar noch die Gräten ab. Im Anschluß an dieses Festmahl kamen wir gemeinsam zu der Überzeugung, daß die Munitionsverschwendung sich gelohnt habe…“
Seite 263
…“Einmal hat ein Mensch als erster radfahren gelernt. Dazu mussten Nerven und Muskeln in ganz neuer Zuordnung gebraucht werden, eine Umstellung, die allerdings nicht durch Mutation, sondern durch Phantasie und Willen bewirkt wurde. Ein Steinzeitmensch hat einmal als erster mit dem Finger den Umriß einer Antilope in den Sand gezeichnet. Dabei wurde nicht nur ein Körperteil in neuer Weise verwandt, es wurde auch etwas Neues gewollt: eine Abbildung. Nie zuvor hatte eine Abbildung auf der Erde existiert, nicht einmal als Begriff. Hier vollzog sich also im Geistigen wie im Materiellen ein Schöpfungsakt…“
Nachtrag zum Thema: Deutsche in Namibia
Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im heutigen Namibia. Historikern zufolge wurden in dieser Zeit etwa 65.000 von 80.000 Herero und mindestens 10.000 von 20.000 Nama getötet.
Über Jahre war verhandelt worden, nun gibt es einen Durchbruch. Mehr als hundert Jahre nach den Verbrechen der deutschen Kolonialmacht im heutigen Namibia erkennt die Bundesregierung die Gräueltaten an den Volksgruppen der Herero und Nama als Völkermord an. Die Nachkommen will sie mit einem Milliardenbetrag unterstützen.
Anerkennung des unermesslichen Leids«: Laut Außenminister Heiko Maas stuft Deutschland die Gewalttaten im heutigen Namibia nun als Völkermord ein. Der Bundespräsident wird vor Ort um Vergebung bitten.
“Einmal hat ein Mensch als erster radfahren gelernt. Dazu mussten Nerven und Muskeln in ganz neuer Zuordnung gebraucht werden, eine Umstellung, die allerdings nicht durch Mutation, sondern durch Phantasie und Willen bewirkt wurde.“
Schaffst du das in diesem Leben noch auf diese höhere Daseinsebene zu gelangen?
Buchtipp:
Ich habe das Buch – „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ – vor vielen Jahren gelesen. Sicherlich keine große Literatur, aber in diesen düsteren Tagen aktueller denn je. Wie ganz persönlich umgehen mit Krieg und Verbrechen? Wie persönlich agieren, wenn ein Machthaber alle Werte des menschlichen Mieinanders verachtet und auszulöschen versucht?
Die Geologen und Freunde Henno Martin und Hermann Korn verließen 1935 Nazi-Deutschland, um in Südwest-Afrika (Namibia) zu forschen und unter anderem Wasservorkommen für die örtlichen Farmer zu erkunden. Aus Angst und Abscheu vor den Nazis, vor dem Zweiten Weltkrieg generell, mit möglicher Einberufung oder Internierung, flohen die Beiden in die Namib Wüste. Sie setzten damit ihre Ansage „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ in die Tat um. Von 1940 bis 1942 dauerten ihr Kampf, Überleben und Verstecken. Zusammen mit ihrem Hund Otto errichteten sie sich dreimal eine neue Behausung. Sie bestanden unzählige kleine und große Abenteuer und kapitulierten erst, als Hermann schwer erkrankte.
Der Autor, Henno Martin, schreibt über das Leben und Überleben in der Wüste vollkommen unaufgeregt. Seine Sprache ist nicht sonderlich gewandt, manchmal fast schlicht und häufig ziemlich nachdenklich und ehrlich. Henno Martin erzählt über ein zweijähriges Überleben im totalen Outback und dem Leser wird wie beiläufig „untergejubelt,“ wie groß und lebensbedrohlich dieses Abenteuer tatsächlich war.
Mich beeindrucken auch:
Die Beiden wurden nach ihrer Aufgabe in der anschließenden Gerichtsverhandlung in Windhoek lediglich wegen einiger Lappalien wie Jagen ohne Waffenschein und Hundehaltung ohne Zahlung der Hundesteuer zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt. Das macht die ganze Geschichte noch „verrückter“.
„Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“
von: Henno Martin / 1. Taschenbuchausgabe von two books 2002 / 8. Auflage 2013
Umschlaggestaltung: Tom Otten, unter Verwendung des Originaltagebuchs von Henno Martin 19451/42 und einer Fotographie von Hermann Korn.
Hier drei kleine Leseproben:
Seite 16/17
„…In dieser von Hysterie erfüllten Kriegsatmosphäre konnte auch ein Wissenschaftler kaum hoffen, sich einen klaren Kopf zu bewahren . Aber wir, mein Freund Korn und ich, waren der Meinung, dies sei nicht unser Krieg. Wir hatten ihn lange vorher herankommen sehen und hatten aus diesem Grunde Europa verlassen. Wir wollten keinen Teil haben an dem Selbstmórd zivilisierter Völker.
Nun aber schien der Krieg selbst uns einzuholen. Immer mehr Deutsche verschwanden hinter dem Stacheldraht der Internierungslager. Jeden Tag konnte uns das gleiche Schicksal ereilen. Das war ein mehr als grausiger Gedanke für zwei Männer, die gewohnt waren, forschend die Einsamkeit von Wüsten und Steppen zu durchstreifen. Wir waren entschlossen, uns unsere persönliche Neutralität und unsere Selbstständigkeit zu bewahren. Eines Abends besprachen wir, auf der Steintreppe unserer Wohnung sitzend, die Situation. Was konnten wir tun? Und dann war da plötzlich ein Gedanke, den früher einmal einer von uns im Scherz geäußert hatte. „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste…““
Seite 57/58
…“Auch als Hermann sich am nächsten Morgen mit der Pistole auf die Felsplatte über dem Bullenteich legte, sagte ich nichts. Ich verstand Hermann ja. Ein paarmal sah ich ihn zielen und wieder absetzen. Dann knallte der Schuss, und als das Wasser und der aufgeregt hin und her rennende Otto sich beruhigt hatten, trieb ein silbernschimmernder Bauch auf dem dunklen Kolk. Der gut vierpfündige Karpfen war sauber durch das Genick geschossen. Knusprig gebraten, schmeckte er uns wie Marzipan und Schlagsahne. Wir verzehrten ihn auf einen Sitz und leckten sogar noch die Gräten ab. Im Anschluß an dieses Festmahl kamen wir gemeinsam zu der Überzeugung, daß die Munitionsverschwendung sich gelohnt habe…“
Seite 263
…“Einmal hat ein Mensch als erster radfahren gelernt. Dazu mussten Nerven und Muskeln in ganz neuer Zuordnung gebraucht werden, eine Umstellung, die allerdings nicht durch Mutation, sondern durch Phantasie und Willen bewirkt wurde. Ein Steinzeitmensch hat einmal als erster mit dem Finger den Umriß einer Antilope in den Sand gezeichnet. Dabei wurde nicht nur ein Körperteil in neuer Weise verwandt, es wurde auch etwas Neues gewollt: eine Abbildung. Nie zuvor hatte eine Abbildung auf der Erde existiert, nicht einmal als Begriff. Hier vollzog sich also im Geistigen wie im Materiellen ein Schöpfungsakt…“
Nachtrag zum Thema: Deutsche in Namibia
Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im heutigen Namibia. Historikern zufolge wurden in dieser Zeit etwa 65.000 von 80.000 Herero und mindestens 10.000 von 20.000 Nama getötet.
Über Jahre war verhandelt worden, nun gibt es einen Durchbruch. Mehr als hundert Jahre nach den Verbrechen der deutschen Kolonialmacht im heutigen Namibia erkennt die Bundesregierung die Gräueltaten an den Volksgruppen der Herero und Nama als Völkermord an. Die Nachkommen will sie mit einem Milliardenbetrag unterstützen.
Anerkennung des unermesslichen Leids«: Laut Außenminister Heiko Maas stuft Deutschland die Gewalttaten im heutigen Namibia nun als Völkermord ein. Der Bundespräsident wird vor Ort um Vergebung bitten.
Aus Spiegel: 28.05.2021 05.42 Uhr
Link zum Artikel:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/herero-und-nama-deutschland-erkennt-kolonialverbrechen-in-afrika-als-voelkermord-an-a-e0c59c97-4e80-4adc-9f1a-f887fc8fc348
Fotos: Walter Schrempf
www. skyclub-austria.at und
interner Link: Paragleiten
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“Einmal hat ein Mensch als erster radfahren gelernt. Dazu mussten Nerven und Muskeln in ganz neuer Zuordnung gebraucht werden, eine Umstellung, die allerdings nicht durch Mutation, sondern durch Phantasie und Willen bewirkt wurde.“
Schaffst du das in diesem Leben noch auf diese höhere Daseinsebene zu gelangen?
Definitiv nach dir!