Gruppenreise: Bregenzer Wald

Die Woche vom 3. bis 10. September 2023 wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Nicht, weil unser Kanzler da mit Augenklappe durch die Gegend gestolpert ist und auch nicht, weil am Ende dieser Woche der kleine Fußball-Hansi vom Feld gejagt wurde, während die großen Jungs rund um Herbert Weltmeister wurden. Nein: weil es die perfekte Wanderwoche mit Traumsonne, Traumtemperaturen und Traum-Fernsicht im Bregenzer Wald wurde.

Und wir standen in den Startlöchern.

Wandergruppe im Bregenzer Wald
Heidi, Rike, Yommi, Mikka, Veronika und Alex

Wir, das waren neunzehn noch fast taufrische Wanderer:innen, die die Höhen des Bregenzer Waldes in Vorarlberg erklimmen wollten. Die ein oder andere kostenlose Aufstiegshilfe mit der Bregenzer Wald Karte wurde dabei dankend in Anspruch genommen. Wanderstöcke sorgten für den aufrechten Gang, Murmeltier Salbe hielt die Muskulatur geschmeidig und Mohrenbräu die Kehle kühl.

Sonntag/Montag

Während der Sonntag noch der Anreise und der ersten Orientierung beim Wandern im Dunkeln diente, wurde am Montag die erste, propere Trainingseinheit eingelegt. Die Gipfeltruppe stürmte auf die mächtige Kanisfluh,

Kanisfluh
Die Kanisfluh – das Wahrzeichen des Bregenzer Waldes

die Almengruppe wanderte zur sonnigen Edelweißhütte, ließ den köstlichen Kaiserschmarren dabei nicht unberührt, und die Auengruppe spazierte über die weiten Hänge des Diedamskopfes.

Am Diedamskopf
Auch am Berg immer schön bella figura machen

Dienstag

Am Dienstagmorgen beim Frühstück sorgte der Kater für suboptimale Begeisterungsstürme bei der Bekanntgabe der möglichen Tagesziele. Ja, Alkohol war auch geflossen, aber es war eher der Muskelkater, der den ein oder anderen Oberschenkel jaulen ließ. Aber die Sonne gab alles, entsprechend motiviert wurde dann doch von den meisten die Vordere Niedere in Bezau angegangen. Zumindest von Klaus und Alex, der Rest der Truppe gönnte sich lieber ein wenig Schnappatmung in der rappelvollen Berggondel.

Paragleiten in Bezau
Ich schone gerne meine Knie und fliege am liebsten zu Tal

Den Bodensee fest im Blick wurde dann oben am Berg gewandert und gejaust und die Muskulatur nicht ganz bis an ihre Belastungsgrenze beansprucht. Der Nachmittag wurde mit E-Bike fahren, Wassertreten, Kugelwerfen und Mohren-Radler trinken in Wert gesetzt.

Seit 1763 braut die Vorarlberger Familie Mohr Bier. Das Logo sollte allmählich ausgedient haben

Wobei der Gruppe sonnenklar wurde: Während es an jeder Bregenzer Wald Ecke ein wunderbares Freibad gibt, sind die Boulodromes nicht ganz so zahlreich gesät. Der Boulesport steckt in den hinteren Tälern des Bregenzerwaldes einfach noch in den Kinderschuhen. Wobei überhaupt festzustellen ist: Die Weguntergründe rund um Au, Schoppernau, Mellau und Bezau waren immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen. Geht es sich leichter über Schotter, Kiesel, Teer, Wiese oder gar Baumwurzeln. Und kann man das kontrollierte Boule Kugel-Kullern und Zielen besser auf Kies, Schotter, Lehm oder Sand ausüben.

Boule
Wenigstens haben sie sich Mühe gegeben

Anzumerken sei allerdings, dass die Boule Truppe – ähnlich wie die deutsche Fußballnationalmannschaft – schwache spielerische Leistungen generell gerne mit widrigen, äußeren Umständen zu erklären versucht.

Mittwoch

Der Mittwoch stand ganz im Zeichen der Berge von Damüls. Mountain-Man Alex nahm sich einer engagierten Frauen-Gipfelgruppe an und stürmte mit ihr Richtung Künzelspitze. Der Rest sesselte mit dem Lift nach oben und wanderte von dort über lichte Höhen. Ich stand plötzlich ganz allein auf der Mittagsspitze und war darüber auch nicht traurig.

Mittagsspitze bei Damüls
Mittagsspitze: das „Matterhorn“ des Bregenzer Waldes

Natürlich gab es, wie an allen Tagen, auch wieder Gruppenteilnehmer, die die Berg- und Talwelt ganz individuell genießen wollten. Zumal zunehmend klarer wurde, dass der Bregenzer Wald in den Talgründen auch per Drahtesel mit oder ohne E zu erkunden ist.

Donnerstag

Am Donnerstag wurde die Belastungssteuerung nach unten korrigiert. Ein Spaziergang mit Einkehr zur Bergkristallhütte und ein Wellness/Kulturtag in Bregenz standen auf dem Hauptprogramm.

Bodensee
Bregenzer Badewanne Bodensee

Im Nebenprogramm standen Melanie und Bernd nach über 30 Ehejahren zum ersten Mal gemeinsam an einem Gipfelkreuz.

Melanie und Bernd im Gipfelrausch

Und Ute und Michael entdeckten auf ihrer Expedition einen Wasserfall, den man mit einem Schild versehen sollte. Anderenfalls könnte er von unerfahrenen Wanderern möglicherweise nicht als solcher identifiziert werden. Zur Wahrheit gehört leider auch, dass an diesem Tag die ersten Wolken am Himmel erschienen. Und dass sich diese Wolken am Abend um die Gipfel legten und das angedachte Sonnenuntergangsdinner auf dem Diedamskopf in ein Nebeldinner verwandelten.

Und schon wieder bella figura machen, sogar im Gipfelnebel

Monika, Annelie und Anna genossen ihr Picknick trotzdem am Gipfelkreuz, Benti lag mit etwas wehem Magen im Bett. Ganz viel verpasst hat er nicht.

Michael fremdelt mit seiner Eisbombe

Freitag

Am Freitag wurde von der Gipfelgruppe nochmal kräftig gegipfelt,

Irgendwer aus der Gruppe lungerte immer an irgend einem Gipfelkreuz herum

Annelie reiste mit funkelnagelneuen Steilwandraufgehschuhen beglückt schon zu ihrer Familie ins Allgäu und der Rest der Truppe radelte, boulte und schwamm sich so durch den Tag. Über das abendliche Hauen, Stechen und Mampfen am Forellenteich kann ich nicht berichten. Ich bin kein Petrijünger, ich fange lieber Murmeltiere.

Haute Cuisine am Forellenteich

Samstag

Am Samstag dann das große Finale, auf das Teile der Gruppe (vor allem die Gipfelstürmerinnen) Tage lang hingefiebert hatten. Fesche Maderln und Burschen in Lederhosen trieben das Rindvieh von den Almen, bzw. fuhren das Vieh in Hängern zur Hauptstrasse, um dort – ähnlich den Klimaklebern – den Verkehr lahmzulegen.

Almabtrieb im Bregenzer Wald
Die getarnten „Klimakleber:innen“

Mir taten die Viecher leid, wanderten sie doch geradewegs für mehr als ein halbes Jahr in ihre dunklen Ställe. Wie dem auch sei: die Gipfelstürmerinnen und Gleichgesinnte hatten ihren Spaß und genossen das ein oder andere Kaltgetränk, die feschen Älpler:innen und auch manch ein Hinterwäldler taten es ihnen gleich, die Kühe muhten und glockten noch gut gelaunt kräftig vor sich hin und ich stand mit meiner Truppe im Stau. Wir wollten bei meinem Freund Klaus in Hochlitten die Bruder Klaus (Schutzpatron der Schweiz) Kapelle besuchen. Das taten wir später dann auch, außerdem wanderten wir zum Dreiländerblick und zum Steinern Tor in einer der nahen Nagelfluhketten.

Typische Bregenzer Wald Kuh

(Angemerkt: beim Gestein des Nagelfluh handelt es sich um ein relativ junges Gesteins-Konglomerat, also um Kies (Geröll), der miteinander verbacken ist. Der uns bekannte Waschbeton lässt grüßen.)

Übrigens: Hochlitten liegt in Österreich, die Kapelle in Deutschland, das Tor in Österreich und der Dreiländerblick in Deutschland – was für ein Megatrip (8,3 km)!

Auf seiner Hütte

(und nicht in der Kapelle) kredenzte Klaus uns seine köstliche Quiche.

Unser Spitzenkoch Klaus nach getaner Arbeit

Melanie machte erste Grenzerfahrungen unterm Paragleiter, bekam dafür tosenden Applaus von der gut besuchten Ehrentribüne und dann hieß es auch schon: letzter Abend. Zum Dank für meine Reiseleitertätigkeit erhielt ich ein warmes Wort von Michael und ein Kuh-T-Shirt von Ute. Man zeigte sich demnach zufrieden mit meiner Tätigkeit. Klar, ich hatte mich ja auch schon vorher zufrieden über meine Gruppe geäußert. Yommi, auch Schnellinger genannt, der sich seit Jahren als mein kongenialer Deputy bewährt, glänzte nochmals mit seiner Nebentätigkeit als Sommelier. Er warf eine Runde Splitterfasernackt Natur Wein. Es folgten ein paar Scheidebecher, ein mehr oder weniger dicker Kopf am Morgen und eine entspannte Rückfahrt für fast alle. Monika und Anna hatten auf die DB gebaut.

Von links: Michael, Clemens, Heidi, Astrid, Ute, Anna, Petra, Monika, Mikka, Melanie, noch ne Ute, Ella, Bernd, Veronika, Benti, Alex – es fehlen: Yommi, Annelie und Rike

Noch mehr über die Region in meinem Blog:

interner Link:

Kurz mal nach Bregenz

Link zu unserem Hotel:

https://www.alpenrose-au.at/

Alle hier gezeigten Bilder stammen aus der gemeinsamen WhatsApp-Gruppe.

Hab mein Geschenk gleich angezogen

Ich - Mikka Ich war schon immer eher Läufer und nicht Rädchen-Fahrer. Wir wohnten am Hang, ein unbefestigter Feldweg führte zu unserem Haus. Wir haben unsere Räder immer mehr geschoben als gefahren. Später verdiente ich mein Geld als Bademeister und Fensterputzer, da war ich auch viel zu Fuß unterwegs, ja und dann habe ich mit dem Marathon laufen angefangen. Und mit dem Bergwandern, ich war auch Reiseleiter im Himalaya. Als das Heruntergehen meinen Knien nicht mehr gefiel, hab ich das Paragleiten gelernt. Soviel zu meiner Sportkarriere. Beruflich lief es auch nicht so glatt. Als Junge wollte ich die Wetterstation auf der Zugspitze übernehmen. Es hat dann nur zum Wetterfrosch ohne Ausbildung gereicht. Lehrer konnte ich auch nicht werden, da hatte ich zwar eine Ausbildung, aber das Land NRW keine Jobs. Also wurde ich eben Reiseleiter, Reisereferent, Reiseverkäufer, Reiseredakteur und Reisejournalist. Ich bin ein bisschen herumgekommen. Habe Reisefilme gedreht, Reiseartikel und zwei Reisebücher geschrieben. Ich habe vor und hinter der Kamera gestanden, den Mount Everest fast bestiegen und die Sahara quasi durchquert. Ich bin viele Berge hochgelaufen und heruntergeflogen und ich bin seit 65 Jahren Gladbach Fan. Ich wurde in Mönchengladbach geboren.

Comments (3)

  1. Da habe ich wohl was verpasst. Hätte gerne Yommi splitterfasernackt gesehen…
    Sicherheitshalber sind wir gleich gemeldet für 2024! Danke Mikka für diesen genialen Reisebericht.

  2. Ich hab schon viel von der Tour erzählt bekommen,aber dieser Beitrag toppt es natürlich und weckt Sehensüchte?

  3. Was für eine witzige, gelungene Zusammenfassung unserer herrlichen Oldie-Reise,lieber Mikka, dank dir sehr

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