Lockdown – ein Leben lang!

Wenn Menschen aus der Provinz (wie ich) mal nach Berlin reisen, dann machen sie gerne ein bisschen in Kultur. Am Morgen sich auf der Museumsinsel bilden, über Mittag im KaDeWe ein bisschen schnabulieren. Nach einem Powernapping an der Krummen Lanke ein wenig spazieren und einen Kaffee nehmen. Den Abend anschließend beim Italiener mit Freunden ausklingen lassen. Das war vor Corona bei mir zumindest so, aber letzte Woche: Ich stehe an der Gedächtniskirche, habe meine Maske im Gesicht vergessen und realisiere: null Bock auf Großstadt mit Kultur und Tralala. All diese Menschen, das Gedränge, das Gehupe, das Getöse – alles zu viel für mich.

Ich fahre raus aus der Stadt, nach Paulinenaue im Havelland.

Da wird die Bevölkerungsdichte von Berlin exakt durch 100 geteilt, entsprechend finde ich dort, das was ich brauche: weites, leeres Land. Ich wäre gerne in den Sonnenuntergang geritten.

Idylle in Paulinenaue im Havelland
Paulinenaue

Ein schöner Plan, zumal ein Reittier auf mich wartet. Leider war mein letztes Pferd ein Kirmespferd.

Am nächsten Morgen bin ich wieder in Berlin, die gestrige Landpartie hat meine Unlust auf Großstadt noch verstärkt. Schon der Gedanke an belebte Kulturstätten lässt mich zittern und ermatten. Ist das etwa Long Covid oder nur eine kleine postpandemische Nervenstörung (ist die Pandemie vorbei?). Ich hatte mir den Virus kürzlich aus dem Land des Yeti mitgebracht, obwohl es in Nepal fast kein Covid mehr gibt.

Ausschnitt aus Himalayan / Kathmandu vom 6 April 22
10 Fälle bei 20 Mio. Einwohner, quasi ein Lottogewinn für mich!

Vom Frühstückstisch schaue ich auf den Eingang des Berliner Zoos und dann in die Zeitung.

Ausschnitt aus Berliner Morgenpost vom 27.4.22
aus: Berliner Morgenpost vom 27.4.2022

„Abgeriegelt und eingezäunt“ lese ich da.

Ich lese nicht weiter, sondern gehe in den Zoo.

Es ist noch früh und ich sehe eindeutig mehr Tiere als Menschen.

Ich bin kein passionierter Zoogänger, sehe wilde Tiere lieber in der Wildnis oder gar nicht. Ich komme an einem gelangweilten Bartgeier vorbei.

Bartgeier im Berliner Zoo
Bartgeier genießt zumindest die Sonne

Bartgeier fliegen im Himalaya bis auf knapp 8000 Meter Meereshöhe. Bei den Löwen ist Frühsport angesagt. In der freien Wildbahn stehen ihnen dafür ein paar hundert Quadratkilometer zur Verfügung, hier ein paar hundert Quadratmeter.

Außengehege mit Löwen im Berliner Zoo
Zootiere werden in ihrem Lockdown wenigstens fotografiert

Ein Zebra hängt auf dem Parkplatz oder sowas Ähnlichem ab, steht es da gerne?  – keine Ahnung.

Lockdown-ein Leben lang

unverschuldet:

abgeriegelt und eingezäunt.

Zebra im Berliner Zoo, Lockdown-ein Leben lang
Mit diesem Zebra habe ich Mitleid!

Wie die Chinesen in diesen Tagen. Haben sie mein Mitleid verdient? Die Chinesen – nein, die Tiere natürlich. Ja, denn sie hocken ihr komplettes Leben hinter Gittern, Zäunen und Stahlvorhängen. Im Gegensatz zum Chinesen, der mein Mitleid nicht verdient hat. Denn dann hätte ich ja Mitleid mit mir selbst haben müssen, also Selbstmitleid, ich saß ja auch 10 Tage in Quarantäne rum. Ich gebe jetzt zu: ich hatte Selbstmitleid und ich fühle mich jetzt richtig schlecht, spätestens als ich bei Victor vorbeikomme. Seit 22 Jahren steht der da rum. Lockdown-ein Leben lang!

Elefantenbulle Victor im Berliner Zoo. Lockdown - ein Leben lang
…mit Victor auch!

Am nächsten Tag fahre ich wieder vor die Tore der Stadt, dieses Mal nach Hirschfelde, bei Werneuchen.

Es sieht aus wie in Paulinenaue ohne Sonnenuntergang. Tiere stehen hier auch rum, auch mit Zäunen drumherum.

Wasserbüffel in Brandenburg
Wasserbüffel in der Serengeti von Hirschfelde

Aber ich glaube dieser Wasserbüffel weiß gar nicht, wo sein Zaun ist. Die Einheimischen nennen die Gegend Serengeti.

Lockdown – ein Leben lang / nicht in der Serengeti von Werneuchen

Abends treffe ich Freunde in Kreuzberg.

Wir gehen ins „Medel“. Ein sehr leckerer „Italiener,“ der allerdings in Wirklichkeit ein Mazedonier ist. Ich esse wunderbare Tagliatelle mit Kaninchen. Die Nacht verbringe ich nochmal am Zoo, liege lange wach und träume schlecht, von Lockdown, Löwen, Leoparden – Chinesen und Kaninchen..

Im Berliner Zoo
…und diesem Hemd

Noch Lust auf mehr mikkameint?

Reisen mit Dieter Nuhr

Links zum Beitrag:

http://www.ristorante-medel.de/

https://de.wikipedia.org/wiki/Hirschfelde_(Werneuchen)

https://www.zoo-berlin.de/de

Ich - Mikka Ich war schon immer eher Läufer und nicht Rädchen-Fahrer. Wir wohnten am Hang, ein unbefestigter Feldweg führte zu unserem Haus. Wir haben unsere Räder immer mehr geschoben als gefahren. Später verdiente ich mein Geld als Bademeister und Fensterputzer, da war ich auch viel zu Fuß unterwegs, ja und dann habe ich mit dem Marathon laufen angefangen. Und mit dem Bergwandern, ich war auch Reiseleiter im Himalaya. Als das Heruntergehen meinen Knien nicht mehr gefiel, hab ich das Paragleiten gelernt. Soviel zu meiner Sportkarriere. Beruflich lief es auch nicht so glatt. Als Junge wollte ich die Wetterstation auf der Zugspitze übernehmen. Es hat dann nur zum Wetterfrosch ohne Ausbildung gereicht. Lehrer konnte ich auch nicht werden, da hatte ich zwar eine Ausbildung, aber das Land NRW keine Jobs. Also wurde ich eben Reiseleiter, Reisereferent, Reiseverkäufer, Reiseredakteur und Reisejournalist. Ich bin ein bisschen herumgekommen. Habe Reisefilme gedreht, Reiseartikel und zwei Reisebücher geschrieben. Ich habe vor und hinter der Kamera gestanden, den Mount Everest fast bestiegen und die Sahara quasi durchquert. Ich bin viele Berge hochgelaufen und heruntergeflogen und ich bin seit 65 Jahren Gladbach Fan. Ich wurde in Mönchengladbach geboren.

Comment (1)

  1. Hallo Mikka, wie du schon sagtest… lieber Tiere in Freiheit ❣️??Genug vom Lockdown… für alle!
    Liebe Grüße aus dem Virgental
    Uta

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