Karibik – wir kommen!

Da tuckert doch in diesem Frühjahr wieder so ein After-Work-Party-Kreuzfahrtschiffchen Donnerstag abends den Rhein hoch und runter, schön mit lauter Mucke und Gegröle. Und postwendend hallt es von den Ufern zurück: Lärmbelästigung, Sichtbelästigung, Geruchsbelästigung – Prozess am Hals!

Was wollen diese Miesepeter, die vermutlich selbst stramme, aber heimliche Ü-70 Partygänger sind? Sind sie es nicht auch, die im nächsten Winter, wenn der Virus seinen Schrecken verloren hat, ihre eleganten Rheinvillen oder Penthouse Wohnungen eintauschen gegen 20 Quadratmeter-Kabinen mit Außenbalkon und den einheimischen Entspannungskünstlern in der Karibik Luft, Licht und Liebe nehmen, sprich: ihr Leben zerstören.

Hafen von Nassau
Jetzt wird es eng auf den Bahamas

Eine Kreuzfahrt, die ist lustig…

Wenn sie in ihren schwimmenden Hochhausblöcken a la Marzahn morgens in die Häfen der Antillen dröhnen, dann verschwindet die Sonne, dann stinkt es zum Himmel und jeder Einheimische springt aus der Hängematte und steckt sich Watte in die Ohren – und die Nase. Das tägliche Entspannungs/Cooling Programm muss ausgesetzt werden.

Ist es so richtig schattig, stickig und laut,

Kreuzfahrtschiff in Nassau/Bahamas
Die Ruhe vor dem Sturm (Nassau/Bahamas)

werden die Passagiere von Bord gespült und verdoppeln erstmal die Einwohnerzahl vieler kleiner Karibikinseln. Wenn 10.000 Kreuzfahrer zum Beispiel durch St. Barth stolpern, ist das etwa so, als ob 3,5 Millionen Gäste an einem Tag Berlin überfallen und die Einwohnerzahl kurz mal verdoppeln.

Der Ehrlichkeit halber muss ich anmerken: Manche Kreuzfahrtgäste steigen gar nicht von Bord. Die bleiben lieber auf dem Pool-Deck, lesen da in Ruhe ihren Uta Danella Roman weiter und schauen zwischendurch mal über die Reling.

Pooldeck
Noch Liegen frei!

Postkarte Karibik

Ein Blick genügt, vielleicht noch ein Bild mit dem Smartphone und gut ist. Am Ende passt die ganze Karibik doch auf ein Foto: Im Vordergrund farbenfrohe Häuser und Menschen, im Mittelgrund grüne Hügel – wahlweise mit Wiese, Buschwerk oder Dschungel und im Hintergrund weiße Cumuluswolken – mal als Cumulonimbus, dann sollte man die Liege am Pool räumen – mal als Cumulus humilis, dann macht die Sonne nicht schlapp.

Ein weiteres schlagendes Argument für alle „mein Schiff is my castle“ Kreuzfahrer:

Lafer und Co. an Bord in Südostasien
Oft auch Meisterköche an Bord, hier mit zwei Töpfen Eintopf

Am Mittagsbüffet ist es dann schön leer und danach hopp, hopp in die Koje, Inselhopping eben. Diese Sitzenbleiber dürfen wir also bei der temporären Bevölkerungsexplosion nicht mitzählen. Die anderen, die Karibik Entdecker müssen sich dann entscheiden: Bunte Tücher kaufen – für um die Sahnehüfte, oder bunte Hüte – für auf den Kopf, oder bunte Cocktails – für in den Kopf. Oder alles zusammen und dann ab in einen von mehreren, hundert, bunten Bussen zur großen Insel-Entdeckungs-Tour. Zu sehen gibt es: Kariben, die in kleinen Häusern wohnen und auf kleinen Feldern Gemüse und Rauchwaren anbauen und natürlich: kleine Kinder, die in kleinen Schulen lernen und unverschämt gute Laune haben.

bunte Karibik
Einfach alle haben immer gute Laune

An Bord der Busse erzählen lustige Animateure mit bunten Tüchern um die Hüfte lustige Anekdoten, schütten Rumpunsch in jede trockene Kehle, die sich ihnen entgegenstreckt und halten einen Merengue Tanzkurs ab. Wer sich dabei zwischen den Sitzreihen verletzt, weil auch der Bus über Schlaglochpisten tanzt, bekommt noch mehr Rumpunsch eingeflößt und wird auch damit eingerieben.

Auf der Brücke der AIDA vita
Alles klar auf der….

Am Nachmittag sind wieder alle an Bord.

Die Einheimischen zählen ihr Geld und bestellen in China neue Tücher und denken sich: Es ist ein Kreuz mit den Kreuzfahrern. Sie sind der Fluch der Karibik, aber unser Segen zugleich. Bunte, chinesische Tücher verkaufen ist so viel lukrativer und angenehmer als auf kleinen Feldern den Rücken zu krümmen. Was stört denn da das bisschen Krach, Gestank und Schatten, den die Schiffe werfen. Die Sonne ist eh zu heiß in der Karibik.

AIDA vita
Die Welt entdecken mit A…

Die Kreuzfahrer sind es ebenfalls zufrieden. Die Stubenhocker hatten freie Liegewahl und die Tagesausflügler haben ihr „meet the people“ Programm erfolgreich absolviert. Ermattet gehen sie auf der Kabine duschen und ausnüchtern. Und denken sich, dass ein Leben in der Karibik so viel entspannter und verträumter ist als am Vater Rhein mit seinen nervigen Partybooten und -Gästen.

Muschel auf den Bahamas

https://www.kreuzfahrten.de/

Und wie wäre es damit?

„after Corona“ Reisetipp

Ich - Mikka Ich war schon immer eher Läufer und nicht Rädchen-Fahrer. Wir wohnten am Hang, ein unbefestigter Feldweg führte zu unserem Haus. Wir haben unsere Räder immer mehr geschoben als gefahren. Später verdiente ich mein Geld als Bademeister und Fensterputzer, da war ich auch viel zu Fuß unterwegs, ja und dann habe ich mit dem Marathon laufen angefangen. Und mit dem Bergwandern, ich war auch Reiseleiter im Himalaya. Als das Heruntergehen meinen Knien nicht mehr gefiel, hab ich das Paragleiten gelernt. Soviel zu meiner Sportkarriere. Beruflich lief es auch nicht so glatt. Als Junge wollte ich die Wetterstation auf der Zugspitze übernehmen. Es hat dann nur zum Wetterfrosch ohne Ausbildung gereicht. Lehrer konnte ich auch nicht werden, da hatte ich zwar eine Ausbildung, aber das Land NRW keine Jobs. Also wurde ich eben Reiseleiter, Reisereferent, Reiseverkäufer, Reiseredakteur und Reisejournalist. Ich bin ein bisschen herumgekommen. Habe Reisefilme gedreht, Reiseartikel und zwei Reisebücher geschrieben. Ich habe vor und hinter der Kamera gestanden, den Mount Everest fast bestiegen und die Sahara quasi durchquert. Ich bin viele Berge hochgelaufen und heruntergeflogen und ich bin seit 65 Jahren Gladbach Fan. Ich wurde in Mönchengladbach geboren.

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