14 Menschen, eingepfercht in einem tiefen, engen Tal, 7 Tage lang, und alles bei Regen!
Konnte das gut gehen?
Der Reihe nach:
Leute fortgeschrittenen Alters, 4 aus Dortmund, 3 aus Berlin, 2 aus Erkelenz bzw. Krefeld, 2 aus Bonn, 2 aus Euskirchen und ein Mensch aus Wachtberg (ich) trafen sich an einem Sonntagabend im August zu einem einwöchigen Wander-Trainingslager im extrem beschaulichen Hinterbichl am Großvenediger.
Im Hotel Heimat, in dem der Koch Kai zur Begrüßung eine Runde Spaghetti Bollo schmiss. Nicht jeder kannte jeden, also kamen Zirben und Marillen Extrakte erstmalig, aber nicht letztmalig, zum Einsatz, um die ein oder andere Zunge zu lösen.
Bevor sie allen am nächsten Morgen eh beim ersten Aufstieg aus dem Halse hing. Herzrasen, Schweißausbrüche, freidrehende Kniescheiben und kleine Muskelfaserrisse wurden nach der Bewältigung der ersten 75 Höhenmetern diagnostiziert. Die RM-Fraktion (Reinhold Messner) stieg trotzdem in die erste Steilwand, während die entspannte RC-Fraktion (Rainer Calmund) einem Fahrweg zur Alm von Alois folgte. Der brachte ein paar Kalt- und Warmgetränke und einen Schnaps für mich (weil ortsbekannter Wanderführer) auf den Holztisch und dann mühte man sich weiter ab, durch Matsch und Schlamm, am nassen Murmeltier vorbei, in die Höh und wieder zu Tal.
Alsbald galt es den ersten Verlust zu beklagen: Eine hochwertige Tschibo-Jacke blieb bei Hüttenwirt Hans Jörg am Berger See hängen. Beim Aufguß in der Sauna tropften die Tagesmühen am Nachmittag ganz schnell ins Handtuch. Am Abend waren dann alle frischen Wunden geleckt und konnten im Anschluss mit Birne, Zirbe, Marille und Co. von innen heraus nachbehandelt werden.
Am nächsten Morgen stand ein Taxi vor der Tür, ein Venediger-Taxi.
Unter Leuten II
Schluss mit der Latscherei. Die Gruppe ließ sich in die Höhe fahren und setzte erst dort wieder einen Fuß vor den anderen. Der ortsbekannte Wanderführer wollte irgendwo im Dorfertal einen von vielen Bachläufen im Dreisprung überwinden. Leider gelang ihm nur ein Zweisprung, folglich nahm er Ganzkörperkontakt mit Geröll und Gewässer auf, Gelächter war auch zu hören.
Ein schmuddeliger, aber fein ziselierter Schneemann ward von zwei diplomierten Handarbeitslehrerinnen geboren und zu einem vermutlich sehr kurzen Leben verdammt und mehrere Kaiser (mit und ohne Rosinen) wurden anschließend von einer redseligen Hüttenwirtin zu Tisch getragen und verspeist.
Im Tal anschließend wenig Neues:
Regen, der sich nach ein Paar Gläsern Wein, Bier oder Schnaps in liquid sunshine verwandelte und ach ja, ein Querdenker, der die Existenz des Großvenedigers leugnete. Des Berges, nicht des gleichnamigen Gasthauses von Gottfried. Und dann aus dem Talnebel auftauchend: jede Menge Vegetarier:innen, die am Tag zuvor noch passionierte Fleischfresser:innen waren. Der Grund: Hotelchef Uli hatte sein Hausschwein unlängst geschlachtet und bot uns dessen mit Leckereien gefüllten Bauch zum nächsten Abendessen an.
Unter Leuten III
Dass erste Muskelstränge ihren Dienst versagten und Kniescheiben ihren angestammten Platz wohlmöglich für immer verlassen hatten, sei nur der Vollständigkeit halber angemerkt. Genauso wie die Tatsache, dass das Wetter wenig Neigung zur Besserung zeigte. Auch, dass bewirtschaftete Berghütten, ohne den Wanderführer informiert zu haben, neuerdings Ruhetage eingeführt hatten. Und: der Wanderführer einen Deputy ernennen musste, damit der Gruppe rund um den Venediger-Leugner Jörg doch noch die Möglichkeit eingeräumt werden konnte auf höchst gelegenen Pfaden dem Großvenediger näher zu kommen. Natürlich mit der finalen Zielsetzung, denselben sogar zu erblicken.
So wurde weitergewandert:
mal hoch oben fast in den grauen Wolken, mal unten in grünen Auen. Und eingekehrt, mal bei Clara auf der Hütte, dann wieder bei Gottfried in der guten Stube. Die Stimmung war bestens, auch aufgrund der Tatsache, dass der gefüllte Schweinebauch sich am Abend als absolute Leckerei erwies, auch für alle Neuvegetarier:innen, die ihr Fleischlosgelübde augenblicklich in die Tonne traten. Da Schweinefleisch auf die Gelenke geht und die eh schon unter Überbelastung litten, wurde das Wander/Trainingsprogramm vom Übungsleiter weiter individualisiert. Die Steilwandraufgeh-Truppe eroberte den Venediger-Höhenweg (ohne Sichtkontakt zum Selbigen herstellen zu können).
Unter Leuten IV
Die Kommichheutnichtkommichmorgen-Truppe verlustierte sich auf sonnigen Blumenwiesen und der Wanderführer nutzte günstige Winde für einen Abgleiter mit seiner Flugtüte.
Von denen flogen am letzten Tag des Trainingslagers gleich 22 an der Zahl durch die Luft, beim örtlichen Fliegerfest. Das nahm die gesamte Gruppe zum Anlass den Flugkünstlern kräftig Beifall zu klatschen, ihnen aber gleichzeitig allen Kuchen und Zweidrittel aller Burger wegzuessen. Nachdem die Flugkünstler ihren Tüten zusammengelegt hatten, bleib ihnen nur noch Gösser in Flaschen, das aber zu Genüge.
Unter Leuten V
Als das Programm dann arg ins Plätschern kam, sorgten der Deputy und der Venediger-Leugner für das Highlight der Tour. In furchteinflößendem Tempo waren sie zur Hütte von Hans Jörg gesprintet, hatten die Tschibo-Jacke vom Haken gerissen und sich todesmutig wieder zu Tal gestürzt, pünktlich zum Kaiser/Essenfassen bei Gottfried. Dass der Besitzer der Tschibo-Jacke, ein Graf aus Berlin, Tränen der Glückseligkeit in den Augen hatte, na klar, schließlich hatte er sich mit dem Verlust schon fast abgefunden. Und dann diese Wendung des Schicksals. Der letzte Abend gehörte verschiedenen Danksagungen, weiteren Flaschen Veltliner und einer letzten Zirbe.
P.S.
Die Existenz des Großvenedigers konnte wegen dauerhaftem Wolkenaufzug mit niedriger Basis nicht endgültig bewiesen werden.
Und ja, es ist gut gegangen und hat sogar großen Spaß gemacht.
Hier vier interne Links (Osttirol hat es mir angetan):
14 Menschen, eingepfercht in einem tiefen, engen Tal, 7 Tage lang, und alles bei Regen!
Konnte das gut gehen?
Der Reihe nach:
Leute fortgeschrittenen Alters, 4 aus Dortmund, 3 aus Berlin, 2 aus Erkelenz bzw. Krefeld, 2 aus Bonn, 2 aus Euskirchen und ein Mensch aus Wachtberg (ich) trafen sich an einem Sonntagabend im August zu einem einwöchigen Wander-Trainingslager im extrem beschaulichen Hinterbichl am Großvenediger.
Im Hotel Heimat, in dem der Koch Kai zur Begrüßung eine Runde Spaghetti Bollo schmiss. Nicht jeder kannte jeden, also kamen Zirben und Marillen Extrakte erstmalig, aber nicht letztmalig, zum Einsatz, um die ein oder andere Zunge zu lösen.
https://www.heim-at.com/
Unter Leuten I
Bevor sie allen am nächsten Morgen eh beim ersten Aufstieg aus dem Halse hing. Herzrasen, Schweißausbrüche, freidrehende Kniescheiben und kleine Muskelfaserrisse wurden nach der Bewältigung der ersten 75 Höhenmetern diagnostiziert. Die RM-Fraktion (Reinhold Messner) stieg trotzdem in die erste Steilwand, während die entspannte RC-Fraktion (Rainer Calmund) einem Fahrweg zur Alm von Alois folgte. Der brachte ein paar Kalt- und Warmgetränke und einen Schnaps für mich (weil ortsbekannter Wanderführer) auf den Holztisch und dann mühte man sich weiter ab, durch Matsch und Schlamm, am nassen Murmeltier vorbei, in die Höh und wieder zu Tal.
Alsbald galt es den ersten Verlust zu beklagen: Eine hochwertige Tschibo-Jacke blieb bei Hüttenwirt Hans Jörg am Berger See hängen. Beim Aufguß in der Sauna tropften die Tagesmühen am Nachmittag ganz schnell ins Handtuch. Am Abend waren dann alle frischen Wunden geleckt und konnten im Anschluss mit Birne, Zirbe, Marille und Co. von innen heraus nachbehandelt werden.
https://www.bergerseehuette.at
Am nächsten Morgen stand ein Taxi vor der Tür, ein Venediger-Taxi.
Unter Leuten II
Schluss mit der Latscherei. Die Gruppe ließ sich in die Höhe fahren und setzte erst dort wieder einen Fuß vor den anderen. Der ortsbekannte Wanderführer wollte irgendwo im Dorfertal einen von vielen Bachläufen im Dreisprung überwinden. Leider gelang ihm nur ein Zweisprung, folglich nahm er Ganzkörperkontakt mit Geröll und Gewässer auf, Gelächter war auch zu hören.
Ein schmuddeliger, aber fein ziselierter Schneemann ward von zwei diplomierten Handarbeitslehrerinnen geboren und zu einem vermutlich sehr kurzen Leben verdammt und mehrere Kaiser (mit und ohne Rosinen) wurden anschließend von einer redseligen Hüttenwirtin zu Tisch getragen und verspeist.
Im Tal anschließend wenig Neues:
Regen, der sich nach ein Paar Gläsern Wein, Bier oder Schnaps in liquid sunshine verwandelte und ach ja, ein Querdenker, der die Existenz des Großvenedigers leugnete. Des Berges, nicht des gleichnamigen Gasthauses von Gottfried. Und dann aus dem Talnebel auftauchend: jede Menge Vegetarier:innen, die am Tag zuvor noch passionierte Fleischfresser:innen waren. Der Grund: Hotelchef Uli hatte sein Hausschwein unlängst geschlachtet und bot uns dessen mit Leckereien gefüllten Bauch zum nächsten Abendessen an.
Unter Leuten III
Dass erste Muskelstränge ihren Dienst versagten und Kniescheiben ihren angestammten Platz wohlmöglich für immer verlassen hatten, sei nur der Vollständigkeit halber angemerkt. Genauso wie die Tatsache, dass das Wetter wenig Neigung zur Besserung zeigte. Auch, dass bewirtschaftete Berghütten, ohne den Wanderführer informiert zu haben, neuerdings Ruhetage eingeführt hatten. Und: der Wanderführer einen Deputy ernennen musste, damit der Gruppe rund um den Venediger-Leugner Jörg doch noch die Möglichkeit eingeräumt werden konnte auf höchst gelegenen Pfaden dem Großvenediger näher zu kommen. Natürlich mit der finalen Zielsetzung, denselben sogar zu erblicken.
So wurde weitergewandert:
mal hoch oben fast in den grauen Wolken, mal unten in grünen Auen. Und eingekehrt, mal bei Clara auf der Hütte, dann wieder bei Gottfried in der guten Stube. Die Stimmung war bestens, auch aufgrund der Tatsache, dass der gefüllte Schweinebauch sich am Abend als absolute Leckerei erwies, auch für alle Neuvegetarier:innen, die ihr Fleischlosgelübde augenblicklich in die Tonne traten. Da Schweinefleisch auf die Gelenke geht und die eh schon unter Überbelastung litten, wurde das Wander/Trainingsprogramm vom Übungsleiter weiter individualisiert. Die Steilwandraufgeh-Truppe eroberte den Venediger-Höhenweg (ohne Sichtkontakt zum Selbigen herstellen zu können).
Unter Leuten IV
Die Kommichheutnichtkommichmorgen-Truppe verlustierte sich auf sonnigen Blumenwiesen und der Wanderführer nutzte günstige Winde für einen Abgleiter mit seiner Flugtüte.
Von denen flogen am letzten Tag des Trainingslagers gleich 22 an der Zahl durch die Luft, beim örtlichen Fliegerfest. Das nahm die gesamte Gruppe zum Anlass den Flugkünstlern kräftig Beifall zu klatschen, ihnen aber gleichzeitig allen Kuchen und Zweidrittel aller Burger wegzuessen. Nachdem die Flugkünstler ihren Tüten zusammengelegt hatten, bleib ihnen nur noch Gösser in Flaschen, das aber zu Genüge.
Unter Leuten V
Als das Programm dann arg ins Plätschern kam, sorgten der Deputy und der Venediger-Leugner für das Highlight der Tour. In furchteinflößendem Tempo waren sie zur Hütte von Hans Jörg gesprintet, hatten die Tschibo-Jacke vom Haken gerissen und sich todesmutig wieder zu Tal gestürzt, pünktlich zum Kaiser/Essenfassen bei Gottfried. Dass der Besitzer der Tschibo-Jacke, ein Graf aus Berlin, Tränen der Glückseligkeit in den Augen hatte, na klar, schließlich hatte er sich mit dem Verlust schon fast abgefunden. Und dann diese Wendung des Schicksals. Der letzte Abend gehörte verschiedenen Danksagungen, weiteren Flaschen Veltliner und einer letzten Zirbe.
P.S.
Die Existenz des Großvenedigers konnte wegen dauerhaftem Wolkenaufzug mit niedriger Basis nicht endgültig bewiesen werden.
Und ja, es ist gut gegangen und hat sogar großen Spaß gemacht.
Hier vier interne Links (Osttirol hat es mir angetan):
Ein November in den Bergen Osttirols
Hotel Heimat – das Natur-Resort / Hoteltipp
Wandern nach dem Motto „einsam aber schneller“
Kurz mal nach Lienz