Das andere Zillertal

Wenn das Zillertal für jede Menge Halligalli und Tiroler Froh- und Schwachsinn steht, dann steht das andere Zillertal für gar nix. Gemäß dem legendären Werbespruch des Villgraten Tals: Kommen Sie zu uns, wir haben nichts. Hört sich schlimm an, ist es aber nicht – im Gegenteil. Das Tal, von dem hier die Rede ist, heißt Traisental.

Am Muckenkogel in Niederösterreich
Das Traisental in seiner ganzen Pracht, rund um Lilienfeld

Zur geografischen Einordnung.

Richtig, durch dieses Tal fließt die Traisen. Der kleine Fluss entspringt mit zwei Quellflüssen in der Nähe von Sankt Aegyd am Neuwalde und Türnitz in den Kalkalpen. Und nach etwa 80 Kilometern mündet er ziemlich unspektakulär in die Donau. Das Ganze spielt sich überwiegend in Niederösterreich ab. Also dort, wo wir Deutsche höchstens mal Rast auf der Durchreise machen.

Ich habe im Juni 24 eine knappe Woche an der Traisen verbracht und muss sagen: Da gab es kein Bedauern meinerseits. Gewohnt habe ich in Sankt Pölten, in einem Hotel, das auf den ersten Blick Angst macht. Ein grauer Betonklotz und ganz viel Parkplatz drumherum.

Hotel "Das Alfred" in St. Pölten
Quadratisch (nicht ganz), praktisch und richtig gut

Auf den zweiten Blick liefert Das Alfred ziemlich schnell schlagende Argumente dafür, bei einem Traisental-Besuch unbedingt hier sein müdes Haupt zu betten (Link unten).

Bei den beiden Restaurants, in denen ich mir den Magen sehr genussvoll vollgeschlagen habe, war der erste Blick schon ziemlich verheißungsvoll. Der Rendlkeller in der Kellergasse bietet in uraltem Gemäuer drinnen wie draußen ein sehr uriges Ambiente, das man sich mit herrlichen Weinen kaum schöner trinken kann.

Restaurant Rendlkeller in St. Pölten
Die Kellergasse in St. Pölten mit dem Rendlkeller auf der linken Bildseite

Klar, das Essen ist natürlich bei Katja und Thomas ebenfalls ein Genuss (Link unten).

Und im Vinzenz Pauli an der Alten Reichsstraße siehts ganz ähnlich aus: altes Gemäuer, drinnen wie draußen wunderbar zu sitzen, super freundlich und super lecker.

Restaurant Vinzenz Pauli in St. Pölten
Alles lecker hier

Dazu noch ziemlich bio, ich habe in Österreich noch nie so leckere Kartoffeln gegessen. Und wie ihr wisst: Ich gondele viel durchs Nachbarland.

Damit wäre jetzt das Wichtigste verkündet. Aber ich musste ja auch noch die ganzen Tage im Traisental verbringen. Hier meine Highlights:

St. Pölten

Die Hauptstadt von Niederösterreich macht einen sehr aufgeräumten Eindruck. Mit 60.000 Einwohnern bleibt sie überschaubar, einigen Quellen zur Folge soll sie die älteste Stadt der Alpenrepublik sein. Mitten im Mostviertel, in dem, wie der Name schon sagt, Ost- und Weinanbau bis heute das Landschaftsbild abseits der Städte und der großen Waldgebiete prägt, hat es die Landeshauptstadt unter die 10 größten Städte Österreichs geschafft. Lohnenswert ist ein kleiner Streifzug durch die Altstadt rund um den Rathausplatz mit der neue renovierten Dreifaltigkeitssäule, die die Stadt seit knapp 250 Jahren vor jeglichem Unheil schützen soll. Und unbedingt ein Besuch im Dom. Mehr Barock geht nicht.

Dreifaltigkeitssäule in St. Pölten
Abendstimmung am Rathausplatz

Traisental-Radweg

Da ich kein Rädchen-Fahrer bin, habe ich mir ein Teilstück des gut 100 Kilometer langen Traisental-Radwegs zu Fuß gegönnt (St. Pölten-Lilienfeld): nicht überfüllt (wie der nahe Donau-Radweg), super gepflegt und häufig sehr idyllisch entlang des Flusses verlaufend.

Traisental-Radweg bei St. Pölten

Bei heißem Wetter ein Highlight: der Sprung ins kühle Nass des Viehofner Sees. Der See liegt nahe St. Pölten direkt an der Radstrecke, kostet keinen Eintritt und bietet zudem ein sehr entspanntes See-Restaurant (Seedose am Ostufer). Den Link für den Radweg findet ihr unten.

Lilienfeld und Muckenkogel

Lilienfeld an der Traisen kann mit zwei Superlativen aufwarten.

Das Stift von Lilienfeld gilt als eines der schönsten Denkmäler mittelalterlicher Baukunst in Österreich und ist die größte erhaltene zisterziensische Klosteranlage in Mitteleuropa.

Klosteranlage mit Muckenkogel im Hintergrund

Und der Muckenkogel (1248 M.ü.d.M.) oberhalb von Lilienfeld gilt als Geburtsort des alpinen Skilaufs.

Muckenkogel - der Geburtsort des Alpinen Skilaufs
Mathias Zdarsky und seine Mitstreiter am Muckenkogel – im Jahre 1905

Ich bin auf diesen eher unscheinbaren Kogel in zwei Stunden durch dichten Wald hinaufgewandert und anschließend wieder hinuntergeflogen. Beim Start war eine Baumberührung in der engen Schneise besser zu vermeiden – das ist mir gelungen. Der Flug über die Voralpenberge war anschließend ein Genuss.

Ein 60 Jahre alter Einser-Sessellift kann statt Flug den Abstieg ersetzen, den Aufstieg übrigens auch.

Sessellift zum Muckenkogel
Funktioniert noch bestens

Gemeindealpe und Mariazell

Weiter taleinwärts und schon eher alpin ausschauend lockt die Gemeindealpe auf rund 1500 Metern Meereshöhe mit einem leichten Wandergebiet.

Blick von der Gemeindealpe Richtung Mariazell

Auch hier hilft im Bedarfsfall ein Sessellift. Mariazell, noch ein paar Kilometer taleinwärts gelegen ist die höchstgelegene Stadtgemeinde Österreichs auf einer Höhe von 868 Metern. Und Mariazell ist durch die Gnadenstatue Magna Mater Austriae mit Abstand der wichtigste Wallfahrtsort Österreichs. Ich hätte gerne ein typisches Souvenir mitgenommen, aber das Weihwasserfläschchen für fünf Euro war mir zu teuer.

Die Basilika von Mariazell

Da hab ich im Hotel mit normalem Wasser geduscht und mir dabei gedacht: Wenn ich das Traisental jetzt verlassen muss, mach ich das gar nicht gern. Zumal die Menschen in Sankt Pölten und Umgebung so gar nicht zum Granteln neigen. Im Gegenteil, sie überschütten ihre deutschen Gäste geradezu mit Zuneigung. Ich glaube, das die Fußball EM 24 ihnen gerade die Herzen erwärmt und dass ein deutscher Trainer da einen großen Anteil dran hat. Also: Wie es nächstes Jahr in St. Pölten ist, keine Ahnung. Besser schnell vorbeischauen.

Hier die Links:

Hotel Das Alfred

https://www.dasalfred.at/

https://www.rendlkeller.at/

https://www.traisentalradweg.at/

Noch zwei interne Links:

Indien pur mit Dieter Nuhr

Indien pur mit Dieter Nuhr – 2 –

Marillenknödel im Rendlkeller

Ich - Mikka Ich war schon immer eher Läufer und nicht Rädchen-Fahrer. Wir wohnten am Hang, ein unbefestigter Feldweg führte zu unserem Haus. Wir haben unsere Räder immer mehr geschoben als gefahren. Später verdiente ich mein Geld als Bademeister und Fensterputzer, da war ich auch viel zu Fuß unterwegs, ja und dann habe ich mit dem Marathon laufen angefangen. Und mit dem Bergwandern, ich war auch Reiseleiter im Himalaya. Als das Heruntergehen meinen Knien nicht mehr gefiel, hab ich das Paragleiten gelernt. Soviel zu meiner Sportkarriere. Beruflich lief es auch nicht so glatt. Als Junge wollte ich die Wetterstation auf der Zugspitze übernehmen. Es hat dann nur zum Wetterfrosch ohne Ausbildung gereicht. Lehrer konnte ich auch nicht werden, da hatte ich zwar eine Ausbildung, aber das Land NRW keine Jobs. Also wurde ich eben Reiseleiter, Reisereferent, Reiseverkäufer, Reiseredakteur und Reisejournalist. Ich bin ein bisschen herumgekommen. Habe Reisefilme gedreht, Reiseartikel und zwei Reisebücher geschrieben. Ich habe vor und hinter der Kamera gestanden, den Mount Everest fast bestiegen und die Sahara quasi durchquert. Ich bin viele Berge hochgelaufen und heruntergeflogen und ich bin seit 65 Jahren Gladbach Fan. Ich wurde in Mönchengladbach geboren.

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