Wipperfürth gilt als älteste Stadt im Bergischen Land und bietet 20.000 Menschen eine Heimat. Das ist schön, wäre für mich aber noch kein Grund der Kleinstadt einen Besuch abzustatten. Schon gar nicht an einem Samstagmorgen um sechs Uhr. Und doch stand ich am letzten Samstag zu genau dieser Uhrzeit auf dem Marktplatz der Stadt, wie schon fünf Mal in den Jahren zuvor. Ich stand da nicht allein, Hunderte standen da, wenn nicht Tausende.
Wir bekamen alle eine Trinkflasche, einen Müllbeutel und einen Wanderpass und wurden per Startschuss anschließend in verschiedenen Startgruppen in die umliegende Walachei entlassen. Ich hatte die erste Startgruppe um sieben Uhr gewählt, neun weitere sollten folgen. Wie es sich für dieses Frühjahr gehört, hatte leichter Nieselregen Lust uns zu begleiten und die Wege mit einer schönen Matschschicht zu überziehen.
50 Kilometer nonstop
wandern hört sich enorm an, schließlich gilt es dabei knapp acht Kilometer mehr zu absolvieren als bei einem klassischen Marathonlauf. Aber: das Tempo ist geringer. Auch beim sehr schnellen Wandern liegt der Stundenschnitt kaum über sieben Kilometer.
Und: wandern schont die Gelenke.
Während ich nach einem Marathon regelmäßig große Lust hatte mir für den Heimweg einen Rollstuhl auszuleihen, verrichten meine Beine und Füße nach einer 50 Kilometer Wanderung nach halbwegs widerspruchslos ihren Dienst.
Vom Marktplatz in Wipperfürth wanderten wir ein Stück durch die Stadt und dann gings ins Gelände. Ich drückte ein wenig aufs Tempo und war bald dem großen Wanderpulk entflohen. Das ständige bergauf und bergab tat den Muskeln gut. Ich hatte wieder auf einen Rucksack verzichtet, echtes Genusswandern ohne Ballast.
Eine Windjacke hatte ich umgebunden, die Wasserflasche wechselte im 10-Minuten Rhythmus von der rechten in die linke Hand und zurück.
Bei Kilometer 10 gab’s
eine klare Ansage am Wegesrand und Frühstück: Hartgekochte Eierstücke mit Mayo und Baguette, dazu einen Energydrink, wahlweise Kaffee. Wanderer, was willst du mehr! Mir ging es gut im Bergischen Land, die Gedanken gingen mit mir spazieren. Zwischendurch lenkte Smalltalk mit anderen Wander:innen ab. Die Strecke blieb erstaunlich abwechslungsreich. Kleine Haufendörfer mit frisch blühenden Gärten wechselten mit Wiesen, Weiden und Wäldern. Die Wege waren matschig, aber gut begehbar, vom schmalen Wald-Pfad bis hin zu breiten Feldwegen und kleinen Landstraßen. Insgesamt galt es 1450 Höhenmeter zu überwinden, d.h. es gab unendlich viele kleine An- und Abstiege zu meistern. Nur an der Lingesetalsperre führte die Route einmal für einen längeren Zeitraum über einen ebenen Weg.
Bei Kilometer 20
war der Wille noch nicht sonderlich gefordert. Ich war mittlerweile gut eingelaufen und Sven, ein absolut gleich schnell wandernder Justizvollzugsbeamter aus Siegburg, sorgte für meine Unterhaltung. Wir waren alleine unterwegs, nur eine junge Wanderin blieb uns mit sauberem Stechschritt beharrlich auf den Fersen und überholte immer wieder, wenn sie eine kleine Laufpassage einlegte.
Bei Kilometer 33
sollte es Spaghetti Bollo geben, aber die fielen für mich aus, weil der Veranstalter ab hier die Wanderer der kürzeren 25 Kilometer Distanz auf dieselbe Strecke führte. Eben noch fast meditative Ruhe und von einer Sekunde auf die andere: „lärmender Karnevalszug“. Viele Hundert versuchten sich erstmalig an einer organisierten Wanderung, zusammen mit ihren Hunden (alle an der Leine – 25 km, grenzt das nicht an Tierquälerei). Ich stürzte über Hundenäpfe, sah bei den Nudeln und Toiletten Menschenschlangen und nahm Reißaus. Was ungleich leichter gesagt als getan war. Weil ungeübte Wanderer und deren vierbeinige Lieblinge wenig Verständnis dafür haben, dass unsereins beim Wandern auf die Uhr schaut. Also hieß es: ab durchs Unterholz. Das kostete mehr Kraft, brachte aber auch Abwechslung in die Veranstaltung. Leider konnten mir der Justizvollzugsbeamte und die junge Wanderin bei den nervigen Überholvorgängen nicht mehr folgen.
Bei Kilometer 40
wurde die Angelegenheit langsam zäh. Aber da erschien schon langsam Licht am Ende des Tunnels. Das merkte auch mein Körper, der sich ziemlich schmerzfrei in sein Schicksal fügte und mir offensichtlich nicht im Wege stehen wollte möglichst zügig auf dem Markplatz in Wipperfürth einzurollen. Unter acht Stunden war wie immer mein Ziel, unter acht Stunden stand auf der Uhr (ca. 6,5 km/Std)!
Der Nieselregen hatte aufgegeben, aber mein Körper nicht. Der plötzliche Stillstand tat ihm nicht gut. vielleicht wäre ich besser gleich nach Hause gelaufen. So aber schossen Schmerzen ein, die ich halbwegs erfolgreich kontern konnte, mit: Blutwurst, Leberwurst, Bier und sehr guter Laune.
Hier der Link für alle, die im nächsten Jahr bei der Bergischen 50 mit von der Partie sein wollen:
Wipperfürth gilt als älteste Stadt im Bergischen Land und bietet 20.000 Menschen eine Heimat. Das ist schön, wäre für mich aber noch kein Grund der Kleinstadt einen Besuch abzustatten. Schon gar nicht an einem Samstagmorgen um sechs Uhr. Und doch stand ich am letzten Samstag zu genau dieser Uhrzeit auf dem Marktplatz der Stadt, wie schon fünf Mal in den Jahren zuvor. Ich stand da nicht allein, Hunderte standen da, wenn nicht Tausende.
Wir bekamen alle eine Trinkflasche, einen Müllbeutel und einen Wanderpass und wurden per Startschuss anschließend in verschiedenen Startgruppen in die umliegende Walachei entlassen. Ich hatte die erste Startgruppe um sieben Uhr gewählt, neun weitere sollten folgen. Wie es sich für dieses Frühjahr gehört, hatte leichter Nieselregen Lust uns zu begleiten und die Wege mit einer schönen Matschschicht zu überziehen.
50 Kilometer nonstop
wandern hört sich enorm an, schließlich gilt es dabei knapp acht Kilometer mehr zu absolvieren als bei einem klassischen Marathonlauf. Aber: das Tempo ist geringer. Auch beim sehr schnellen Wandern liegt der Stundenschnitt kaum über sieben Kilometer.
Und: wandern schont die Gelenke.
Während ich nach einem Marathon regelmäßig große Lust hatte mir für den Heimweg einen Rollstuhl auszuleihen, verrichten meine Beine und Füße nach einer 50 Kilometer Wanderung nach halbwegs widerspruchslos ihren Dienst.
Vom Marktplatz in Wipperfürth wanderten wir ein Stück durch die Stadt und dann gings ins Gelände. Ich drückte ein wenig aufs Tempo und war bald dem großen Wanderpulk entflohen. Das ständige bergauf und bergab tat den Muskeln gut. Ich hatte wieder auf einen Rucksack verzichtet, echtes Genusswandern ohne Ballast.
Eine Windjacke hatte ich umgebunden, die Wasserflasche wechselte im 10-Minuten Rhythmus von der rechten in die linke Hand und zurück.
Bei Kilometer 10 gab’s
eine klare Ansage am Wegesrand und Frühstück: Hartgekochte Eierstücke mit Mayo und Baguette, dazu einen Energydrink, wahlweise Kaffee. Wanderer, was willst du mehr! Mir ging es gut im Bergischen Land, die Gedanken gingen mit mir spazieren. Zwischendurch lenkte Smalltalk mit anderen Wander:innen ab. Die Strecke blieb erstaunlich abwechslungsreich. Kleine Haufendörfer mit frisch blühenden Gärten wechselten mit Wiesen, Weiden und Wäldern. Die Wege waren matschig, aber gut begehbar, vom schmalen Wald-Pfad bis hin zu breiten Feldwegen und kleinen Landstraßen. Insgesamt galt es 1450 Höhenmeter zu überwinden, d.h. es gab unendlich viele kleine An- und Abstiege zu meistern. Nur an der Lingesetalsperre führte die Route einmal für einen längeren Zeitraum über einen ebenen Weg.
Bei Kilometer 20
war der Wille noch nicht sonderlich gefordert. Ich war mittlerweile gut eingelaufen und Sven, ein absolut gleich schnell wandernder Justizvollzugsbeamter aus Siegburg, sorgte für meine Unterhaltung. Wir waren alleine unterwegs, nur eine junge Wanderin blieb uns mit sauberem Stechschritt beharrlich auf den Fersen und überholte immer wieder, wenn sie eine kleine Laufpassage einlegte.
Bei Kilometer 33
sollte es Spaghetti Bollo geben, aber die fielen für mich aus, weil der Veranstalter ab hier die Wanderer der kürzeren 25 Kilometer Distanz auf dieselbe Strecke führte. Eben noch fast meditative Ruhe und von einer Sekunde auf die andere: „lärmender Karnevalszug“. Viele Hundert versuchten sich erstmalig an einer organisierten Wanderung, zusammen mit ihren Hunden (alle an der Leine – 25 km, grenzt das nicht an Tierquälerei). Ich stürzte über Hundenäpfe, sah bei den Nudeln und Toiletten Menschenschlangen und nahm Reißaus. Was ungleich leichter gesagt als getan war. Weil ungeübte Wanderer und deren vierbeinige Lieblinge wenig Verständnis dafür haben, dass unsereins beim Wandern auf die Uhr schaut. Also hieß es: ab durchs Unterholz. Das kostete mehr Kraft, brachte aber auch Abwechslung in die Veranstaltung. Leider konnten mir der Justizvollzugsbeamte und die junge Wanderin bei den nervigen Überholvorgängen nicht mehr folgen.
Bei Kilometer 40
wurde die Angelegenheit langsam zäh. Aber da erschien schon langsam Licht am Ende des Tunnels. Das merkte auch mein Körper, der sich ziemlich schmerzfrei in sein Schicksal fügte und mir offensichtlich nicht im Wege stehen wollte möglichst zügig auf dem Markplatz in Wipperfürth einzurollen. Unter acht Stunden war wie immer mein Ziel, unter acht Stunden stand auf der Uhr (ca. 6,5 km/Std)!
Der Nieselregen hatte aufgegeben, aber mein Körper nicht. Der plötzliche Stillstand tat ihm nicht gut. vielleicht wäre ich besser gleich nach Hause gelaufen. So aber schossen Schmerzen ein, die ich halbwegs erfolgreich kontern konnte, mit: Blutwurst, Leberwurst, Bier und sehr guter Laune.
Hier der Link für alle, die im nächsten Jahr bei der Bergischen 50 mit von der Partie sein wollen:
https://bergische50.de/
Und ein interner Link für die, denen 50 Kilometer „zu billig“ sind:
100 km Wandern
Comments (3)
Top Leistung und schöner Bericht!
Cool
Glückwunsch!!!